Radevormwald So steht es um die oberbergische Milchwirtschaft

Radevormwald · Im Oberbergischen Kreis gibt es immer weniger Milchviehbetriebe. Die großen Unternehmen setzen sich durch. Wie geht es weiter?

 Ortslandwirt Holger Gesenberg kennt die Zwangslage vieler Betriebe.

Ortslandwirt Holger Gesenberg kennt die Zwangslage vieler Betriebe.

Foto: Moll, Jürgen

Zwischen sechs und acht Prozent der Milchviehbetriebe im Oberbergischen Kreis haben im vergangenen Jahr aufgehört. "Normalerweise sind es zwei bis drei Prozent", sagt Hans Stöcker, der Vorsitzende der Landesvereinigung Milchwirtschaft NRW. Die hat die Zahlen veröffentlicht. Grund für eine Aufgabe sei nicht nur der niedrige Milchpreis im vergangenen Jahr, sondern auch die Umweltauflagen und die Forderungen der Einzelhändler.

273 Milchviehbetriebe gibt es im Oberbergischen Kreis. Noch, denn die neue Düngeverordnung ist beschlossen, nur die neuen Richtlinien fehlen noch. Die könnten vielen Betrieben Schwierigkeiten bereiten. "Es kann sein, dass die Gülleanlagen dann erneuert werden müssen", sagt Stöcker. "Das kostet natürlich etwas. Für kleinere Betriebe, die stagnieren, könnte das ein Problem werden. Sie haben durch den niedrigen Milchpreis in der Vergangenheit nicht genug Geld, um das bezahlen zu können." Der gestiegene Milchpreis, momentan liegt er bei knapp 33 Cent, könne laut Stöcker die Verluste der vergangenen Jahre nicht sofort ausgleichen. Das bestätigt auch Ortslandwirt Holger Gesenberg: "Die Löcher der vergangenen Jahre müssen erst einmal gestopft werden. Mit Investitionen haben wir uns zurückgehalten."

Die Forderungen des Einzelhandels würden auch dazu beitragen, dass viele Landwirte aufgeben. Viele Handelsunternehmen wollen Milch, die frei von Gentechnik ist. "Beim üblichen Sojakraftfutter weiß man nie so genau, ob das gentechnikfrei ist", erklärt Gesenberg. Er verfüttere Rapsschrot. Da könne man sicher sein, dass es frei von Gentechnik ist. "Es ist aber teuer und in Deutschland haben wir auch nicht so viel davon", sagt Gesenberg. Rapsschrot enthalte auch mehr Phosphat als Soja. Das sorge dann wiederum für Probleme mit den gesetzlichen Düngevorgaben.

Die neue Düngeverordnung könnte noch weitere Vorschriften mit sich bringen: "Möglicherweise müssen die Betriebe alle fünf Jahre eine Dichtigkeitsprüfung der Gülleanlagen durchführen lassen. Das kostet auch Geld und ist nicht praktikabel für kleine Betriebe", sagt Hans Stöcker.

Dann sei da noch die Frage, ob die Ställe allen möglichen neuen Vorschriften gerecht werden würden. "Müssen sie neugebaut werden, ist das ein Todesstoß für jeden Kleinbetrieb", sagt Stöcker. Er wartet gespannt auf die neuen Richtlinien und fordert: "Die Umweltauflagen müssen so ausgelegt werden, dass sie praktikabel sind. Die Agrarverordnungen sind oftmals total überzogen."

Gesenberg rechnet damit, investieren zu müssen. "Ich gehe davon aus, dass ich spätestens 2024 für die Gülleausbringung ein neues Fass und einen neuen Schlepper benötige. Um das bezahlen zu können, brauchen die meisten Landwirte noch mehr Kühe", sagt Gesenberg. Wirtschaftlich könnten nur Betriebe mit vielen Kühen sein. Viele kleine Höfe, die oftmals auch noch ohne Nachfolge dastehen, geben deswegen auf.

Diesen Strukturwandel beobachtet auch die Landesvereinigung Milchwirtschaft NRW. Es gibt immer weniger kleine Betriebe und umso mehr größere mit vielen Kühen. Durchschnittlich habe ein Milchviehbetrieb 70 Kühe.

Auch der niedrige Milchpreis der vergangenen Jahre, sorgte dafür, dass Milchviehbetriebe aufgaben. "Stehen die Landwirte kurz vor der Rente und haben keinen Nachfolger, hören sie oftmals wegen der schlechten Situation schon früher auf", sagt Stöcker. Die Nachfolge in seinem Milchviehbetrieb ist schon geklärt: Sein Sohn wird den Hof einmal übernehmen. Seine Prognose: "Die Betriebe, die einen Nachfolger haben, werden sich weiterentwickeln und es besser verkraften, wenn sie investieren müssen."

Auch auf Gesenbergs Hof wird der Sohn den Betrieb übernehmen. "In Radevormwald schließt in diesem Jahr nur ein Milchviehbetrieb", sagt Gesenberg. "Die meisten haben einen Nachfolger." In Wipperfürth hingegen, weiß Gesenberg, gebe es ein Nachfolgerproblem.

(eler)
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