Ratingen Gymnasiasten tauchen in die Praxis ein

Ratingen · Methodentage am Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium. 560 Schüler und 60 Lehrer arbeiten abseits der Schulfächer.

 Cara und Linus aus der Klasse 8c versuchen sich in der Décalcomanie, das sind Zufallsbilder mit Hilfe der Technik des Abklatschverfahrens.

Cara und Linus aus der Klasse 8c versuchen sich in der Décalcomanie, das sind Zufallsbilder mit Hilfe der Technik des Abklatschverfahrens.

Foto: Dietrich Janicki

Im ersten Moment hat sich Lehrerin Nelie Pannen erschreckt: Aus dem Klassenraum der 6c flieht eine Schülerin mit versteinerter Miene. Es sieht so aus, als würde das Mädchen gleich losweinen. Doch stattdessen grient sie plötzlich breit. "Wir sollen ein Gefühl so darstellen, dass es möglichst echt wirkt", klärt Mitschülerin Sophie (11) auf. Das Schauspiel ist Teil des "Sozialen Trainings", bei dem sich die Klasse mit Emotionen auseinandersetzt. Einige Räume weiter torkeln Mitschüler einer 9. Klasse durch den Raum, weil sie - zur Abschreckung - eine Rauschbrille tragen, die die Wirkung von Alkohol simuliert, ohne dass man einen Schluck getrunken haben muss. Und die 8c denkt gerade intensiv über ein schulinternes Werbeplakat für den Mittelstufenraum nach, sucht nach einem griffigen Slogan, probiert Farben aus, ist rundherum kreativ.

 Bei den Methodentagen im Bonhoeffer-Gymnasium trainiert die Klasse 6c soziales Verhalten.

Bei den Methodentagen im Bonhoeffer-Gymnasium trainiert die Klasse 6c soziales Verhalten.

Foto: Janicki, Dietrich (jd-)

Das sind nur drei Beispiele von vielen für die Methodentage am Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium (DBG). Drei Tage lang war nach den Herbstferien in der Schule alles anders. Für die "Methodentage" verließen 560 Schülerinnen und Schüler und 60 Lehrer die klassischen Schulfächer.

Stattdessen lernten sie, wie man lernt, eine Gruppenarbeit organisiert oder ein Referat hält. Fünftklässler erfuhren eine Menge über die gesunde Klasse; die Neuner setzten sich mit der Volksdroge Alkohol auseinander oder absolvierten ein freiwilliges soziales Praktikum. Manche Oberstufenschüler traten - völlig ungewohnt - zum Unterricht in Anzug und Krawatte an: Mit Hilfe der Barmer Ersatzkasse nahmen sie an einem Assessment-Center teil, wie es mittlerweile für die Besetzung von Stellen in der Wirtschaft üblich ist.

"Inzwischen gibt es diese drei Methodentage zum neunten Mal bei uns", sagt DBG-Schuldirektor Uwe Florin. Dabei werden Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt, die den Schülern das gesamte Leben hindurch nützlich sein sollen. Die Themen sind auf die Jahrgangsstufen abgestimmt; jede Stufe durchläuft drei Themen an drei Tagen. Ein hoher Praxisanteil soll dafür sorgen, dass es spannend bleibt und möglichst jeder die Chance bekommt, das Gelernte gleich selbst auszuprobieren. Die Räume sind dabei jeweils mit zwei Lehrern besetzt - um kleine Arbeitsgruppen zu ermöglichen.

"Wir haben festgestellt, dass die Methodentage unseren Schülern wichtiges Rüstzeug mitgeben", sagt Direktor Florin. Nach jedem Dreitage-Marathon füllen Schüler wie Lehrer Feedback-Bögen aus. Die vom vergangenen Jahr hat Lehrerin Nelie Pannen ausgewertet, um das Angebot noch besser auf die Klassen und Jahrgänge abstimmen zu können. So rutschte das Thema "Recherche in der Bibliothek und per Computer" aus der Jahrgangsstufe 9 in die siebten Klassen. "Die Neuner kannten das Meiste davon schon", hat Pannen aus den Feedbackbögen erfahren.

Beinahe verdoppelt hat sich im Vergleich zum Vorjahr die Zahl der Stellen im freiwilligen sozialen Praktikum bei karitativen Organisationen wie der Arbeiterwohlfahrt, einigen Kindergärten, dem Sozialdienst katholischer Frauen (SKF), der Diakonie in Kaiserswerth und der Helen-Keller-Schule. Für 38 Jugendliche ein Blick in eine andere Welt.

"Natürlich können wir in diesen drei Methodentagen nur Anregungen und Einblicke geben", weiß Florin. Wichtig sei es deshalb, dass das Kollegium im normalen Unterricht immer wieder auf die gezeigten Methoden zurückkomme. Damit das Wissen der drei tollen Tage nicht verloren geht, bekommt jeder Schüler in der fünften Klasse einen "Methodenordner". Dort soll all das Material abgelegt werden, dass die Jungen und Mädchen bekommen. Florin hofft, "dass dieser Ordner nicht verloren geht, sondern am Ende der Schule prall gefüllt ist, mit Methodenwissen."

(RP)
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