Kreis Mettmann Studieren geht heute über Probieren
Kreis Mettmann · Ein duales Studium im Jahr 2016 an der privaten Fachhochschule der Wirtschaft in Mettmann und ein klassisches Studium Anfang der 1990-er Jahre an einer klassischen Universität: Unser Autor hat sich das Heutige angeschaut und sich an frühere Zeiten erinnert.
Nach 25 Jahren sind ein paar kleine, aber wesentliche Dinge hinzugekommen. Nicht nur Smartphones, Laptops und Tablets liegen bei heutigen Studenten in der Vorlesung immer in Reichweite. Im Kopf der heute 20-Jährigen scheint auch ein ganz anderes Denken Platz gefunden zu haben. Und dieses Denken hat ein Ziel. Nicht irgendeins. Ein klares Ziel; zum Beispiel in der Personalabteilung eines großen Konzerns die Richtung mitzubestimmen oder als Wirtschaftsinformatiker die Produktionsabläufe eines Unternehmens entscheidend zu gestalten, steht für heutige Studenten mit der Einschreibung oft bereits fest. Sie wissen eben, was sie wollen. Das ist heute an Unis im Gegensatz zu Privathochschulen noch immer oft unterschiedlich.
In den 1990er Jahren war das bei vielen noch anders. Studieren hatte was mit ausprobieren, "mal sehen" und ganz viel ruhigem Anlauf zu tun. Man war schon froh, sich mit sich selbst auf ein Studienfach geeinigt zu haben. Schon klare Ziele im Beruf hatten die wenigsten.
FHDW, mittags 13.45 Uhr, Raum 211. Prof. Michael Heuser lehrt in englischer Sprache International Business Strategy an der FHDW. Gerade erst sind die jungen Frauen und Männer zurück aus den Praxissemestern bei Lufthansa und ThyssenKrupp in den USA oder auch vom Mittelständler im Bergischen Land, der mit einem Nischenprodukt ganz Asien beliefert. In den nächsten drei Monaten lernen sie im Theorie-Semester das Know how, das nötig ist "on the job". Fast vier Stunden im Block (natürlich mit Kaffee- und Raucherpausen) vermittelt Heuser die Inhalte, sagt klar, wann und wie die Klausuren anstehen, bleibt in seiner Zielstrebigkeit stets freundlich und verbindlich. Bayer, Monsanto, VW: Aktuelle Fälle erhellen als Beispiele die graue Theorie. Im Herbst muss der Vorlesungsstoff sitzen. Das wissen die Studierenden. Sie machen aber den Eindruck, dass sie den Leistungsdruck nicht nur locker wegstecken, sondern auch mögen. Sie wollen ja Karriere machen.
Karriere machen? In den 1990-ern machten sich Studenten erstmal einen Vorlesungsplan, der möglichst ein, zwei freie Tage die Woche beinhaltete. Offiziell zum vertiefenden Lernen zuhause. Heute ist das Studium mehr Schule und hat entsprechend keinen Vorlesungs- sondern einen Stundenplan. Die FHDW gibt klar vor, wann dort an welchen Tagen Vorlesungen und Seminare laufen. An Unis wird das auch heute noch oft anders gehandhabt.
FHDW 14.45 Uhr, Raum 209. Prof. Philipp Rohde ist nach seiner Begrüßung für das neue Theorie-Semester bereits tief im Stoff. "Geschäftsprozesse und betriebliche Informationssysteme" ist das Thema für die angehenden Betriebswirte. Mobilitätslösungen, Wertschöpfungsketten und optimierte Prozesse werden in den nächsten zweieinhalb Stunden behandelt. Auch hier muss der Stoff bis zum Sommer "sitzen". Private Hochschulen scheinen etwas für junge Leute zu sein, die wissen, was sie wollen. An Unis dagegen kann einfach noch mehr probiert werden.
Auch wenn Laptops und Tablets auf den Tischen zur Begleitung aufgeklappt sind, haben sie auch im IT-Zeitalter noch nicht ausgedient: Stift und Block. Man macht sich zum Nacharbeiten eben auch heute noch gerne Notizen.
Manches überlebt eben jede technische Revolution.
