Remscheid Flüchtlingskinder - Schulraum wird knapp

Remscheid · Über 300 Schulpflichtige werden an Remscheider Schulen unterrichtet. Künftig müssen alle Einsteiger aufnehmen.

 Flüchtlingskinder werden in Seiteneinsteigergruppen sprachlich gefördert. Dafür sind zusätzliche Räume notwendig - eher selten sind ganze Klassenräume für diese Zwecke frei.

Flüchtlingskinder werden in Seiteneinsteigergruppen sprachlich gefördert. Dafür sind zusätzliche Räume notwendig - eher selten sind ganze Klassenräume für diese Zwecke frei.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Nach Remscheid kommen auch Flüchtlingskinder, die keinerlei Buchstaben kennen und noch nie eine Schule von innen gesehen haben. Sie sind traumatisiert und entwurzelt. Andere sprechen gut Englisch, aber kein Wort Deutsch. All diese Seiteneinsteiger sollen gefördert und integriert werden, um am Ende gut ausgebildet sein. Eine pädagogische Mammutaufgabe. Der Tenor aus der Schullandschaft dazu: Noch schaffen wir das.

Ein Absinken des pädagogischen Niveaus in der Sprachförderung von Flüchtlingskindern befürchtet allerdings Jürgen Gottmann, Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Remscheid. Weil das Land die fachlichen Anforderungen an die Lehrkräfte für Sprachförderunterricht heruntergeschraubt habe, böten professionelle Anbieter wie Nachhilfsinstitute ihre Dienstleistungen an. Es entstünden so Schlupflöcher auch für nicht seriöse Anbieter. Auf der anderen Seite sei der Markt an Lehrern mit der Zusatzqualifikation "Deutsch als Fremdsprache" leer gefegt. Schulrätin Brigitte Dörpinghaus erklärt: Man setze diese Qualifikation inzwischen nicht mehr voraus, sondern lediglich die Bereitschaft, sich darin weiterbilden zu lassen. Momentan schreibe das Schulamt drei weitere Stellen für Lehrer, die Deutsch als Zweitspreche unterrichten wollen, aus, sagt Dörpinghaus. Eine Stelle wurde bereits Anfang dieses Jahres geschaffen und konnte nur schwer besetzt werden. Damit könnten bis zu sechs Remscheider Schulen weitere Fachlehrer erhalten, sagt die Schulrätin.

"Zusätzliche Gruppen wie für die Sprachförderung der Seiteneinsteiger brauchen zusätzliche Lehrkräfte", fordert Gottmann. Grundsätzlich müssten die personellen und räumlichen Voraussetzungen stimmen, um Schulen nicht zu überfordern, die schon mit der Inklusion von Kindern mit Förderbedarf eine große Aufgabe zu stemmen haben.

"Für dieses und nächstes Schuljahr haben wir noch ausreichend Schulplätze für Flüchtlingskinder", sagt Jörg Biermann, Leiter des Remscheider Schulverwaltungsamtes. Weil klare Prognosen fehlen, ist der künftige Bedarf an Lehrern, Räumen und Lernmittel jedoch ungewiss. Schulentwicklungsplanung wird komplizierter. "Jetzt macht sich bezahlt, dass wir keinen Grundschulstandort aufgegeben haben", resümiert Biermann. Angesichts jahrelang rückläufiger Schülerzahlen war zum Beispiel der Grundschulstandort Honsberg infrage gestellt worden. Jedweder Schulraum werde aber nun dringend benötigt, in Zukunft womöglich auch neuer.

Derzeit gebe es rund 150 Kinder und Jugendliche, die weiterführende Schulen besuchen. "Jeden Tag bekommen wir Schüler unterschiedlicher Jahrgänge", sagt Biermann. Damit nicht einige Schulen die Aufgabe allein zu bewältigen haben, wurde in einem Koordinierungsgespräch von Schulaufsicht und Schulträger festgelegt, dass alle weiterführende Schulen Flüchtlingskinder aufnehmen müssen. "Unabhängig davon, ob sie ausgebildete Lehrer mit Zusatzqualifikation Deutsch als Zweitsprache haben." Bis zu 18 Schüler müssen diejenigen aufnehmen, die eine von insgesamt 14 Integrationsstellen erhalten haben, die die Schüler auch über den Spracherwerb hinaus begleiten sollen.

Eine solche zusätzliche Stelle hat just das EMA-Gymnasium erhalten - der ausgewählte Bewerber sei ein Sprachlehrer, der die Zusatzausbildung noch absolvieren wird. "Dieses Mal wurden erst die personellen Voraussetzungen geschaffen, dann werden die Schüler zugewiesen", lobt EMA-Direktor Hans Heinz Schumacher Land und Stadt.

Zunächst gelte es zu prüfen, ob zugewiesene Flüchtlingskinder in einer Seiteneinsteigerklasse zusammengefasst werden, ob und inwieweit sie im Regelunterricht mitmachen können. Ein Team aus Lehrern werde den neuen Kollegen unterstützen. Schumacher gibt sich angesichts der Herausforderung optimistisch: "Bisher habe ich nur gehört, dass Flüchtlingskinder hoch motiviert und lernwillig sind."

(RP)
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