Solingen Angeklagter bestreitet sexuelles Interesse an Opfer

Solingen · War es verschmähte Liebe, die einen 50-Jährigen dazu brachte, seinen mehr als 30 Jahre jüngeren Bekannten am Abend des 29. Oktober in der Bahnhofsunterführung in Ohligs mit Messerstichen zu verletzen, oder ging es nur um nicht geliefertes Rauschgift? Am zweiten Verhandlungstag gegen den 50-jährigen Konstrukteur bestritt dieser, sexuelles Interesse an dem 19-Jährigen gehabt zu haben, der ihn seit längeren mit Marihuana und Haschisch versorgte. Der Angeklagte, der wegen Vergewaltigung eines Mannes eine fünfjährige Haftstrafe verbüßt hat, bezeichnete sich als bisexuell.

Die Freundschaft zu seinem späteren Opfer war zunächst geprägt von vielen Geschenken, die er dem jungen Mann machte, von einer Reise nach Berlin über Konzertkarten bis hin zu Geschenkgutscheinen. Am Tattag, so der Angeklagte gestern in einer von seiner Anwältin verlesenen Erklärung, sei er von Leverkusen nach Solingen gefahren, um die überfällige Rauschgiftlieferung abzuholen, die er bereits Tage zuvor bezahlt haben will. Der 50-Jährige schilderte: "Ich brauche das Rauschgift neben Schlaftabletten, um nachts überhaupt schlafen zu können." Seine Angst vor der Nacht sei in der Jugend begründet, sowohl sein alkoholsüchtiger Vater als auch seine Mutter hätten ihn und seine vier Geschwister regelmäßig geschlagen. Auch nach dem Lösen vom Elternhaus habe er keine Geborgenheit durch Freundschaften finden können, seine einzigen körperlichen Kontakte habe er mit Prostituierten gehabt. Die Freundschaft zu seinem späteren Opfer war ein Lichtblick im Leben des Mannes. "Wir haben viel gemeinsam unternommen." Später hat sich der junge Mann offenbar mehr und mehr den Kontaktversuchen des väterlichen Freundes entzogen, so dass dieser sich nur noch als Geldgeber ausgenutzt vorkam. Am Tattag gingen die beiden Männer zunächst in eine Gaststätte in Bahnhofsnähe. "Danach hat er mich 20 Minuten hinter sich her laufen lassen und mir den Stoff nicht gegeben", schilderte der Angeklagte die Situation, "ich kam mir vor wie ein Hund, der hinter seinem Herrchen hergezogen wird." Danach habe er dem 19-Jährigen gedroht, er werde ihn wegen seiner Rauschgiftgeschäfte anzeigen. Bei der anschließenden Rangelei im Bahnhofstunnel habe er das Messer gezogen. Die Verletzungen müssten dann bei einem folgenden Gerangel entstanden sein. "Ich wollte ihn nicht verletzen", sagte der Angeklagte.

Der Prozess wird am 12. Juni fortgesetzt. Dann soll auch das Opfer gehört werden.

(aki)
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