Im Blickpunkt Rasspe Chancen für ein altes Stück Industriekultur

Solingen · Das Gelände in Stöcken war einst wie eine kleine Stadt in der Stadt. Auch wenn 72 000 Quadratmeter Fläche und viele angebaute Hallen brach liegen, bekommt man noch heute eine Ahnung, wie es in den Glanzzeiten der ehemaligen Stiefeleisenschmiede gewesen sein muss.

Kraftvoll erobert die Natur das Gelände zurück, auf dem noch die Zeugen von 182 Jahren Solinger Industriegeschichte zu finden sind. Die leeren Werkshallen, in denen zuletzt Zubehörteile für landwirtschaftliche Maschinen produziert wurden, liegen in gespenstischer Stille. Birken, Brombeerranken und Sommerflieder scheinen die kleine Industriestadt mit aller Macht in Besitz nehmen zu wollen. Das Gelände gehört seit Juni der Stadt Solingen, nachdem sich kein privater Käufer fand und die Wirtschaftsförderung den Zuschlag erhielt, um die Brache für die Ansiedlung neuer Gewerbeflächen vorzubereiten.

Nahezu 1000 Menschen waren noch in den 1960-er Jahren bei Peter Daniel Rasspe Söhne beschäftigt. 120 waren es nur noch, als das inzwischen zur Schumacher-Gruppe gehörende ehemalige Familienunternehmen den Firmensitz nach Wermelskirchen verlegte. Damit verließen 2007 die letzten Großmaschinen für die Fertigung von Strohhäcksler-Messern und Mähmesserklingen den Standort Stöcken. Ende September war das Rasspe-Werk in Solingen endgültig Industriegeschichte.

Von alldem ist kaum noch etwas zu spüren auf dem inzwischen eingezäunten Gelände, wo Schilder potenzielle Diebe warnen. "Bitte vor Einbruch lesen: Kupfer, Silber, Gold und alles Wertvolle ist aus". Aus ist auch alles andere, was einmal die Werkshallen belebt hat. Selbst drinnen haben sich Farne ihre Nischen erobert, in den Räumen der ehemaligen Werksfeuerwehr zeugt nur noch eine leere Bierflasche davon, dass hier einmal Menschen waren.

Die Stadt hätte gerne, wenn sich auf Solingens größter Industriebrache wieder Gewerbe ansiedeln würde. Gewerbe, das neue Arbeitsplätze in die Stadt bringt. Daher soll jetzt zügig der im Juni im Rat beschlossene Bebauungsplan für das Areal Stöcken / Peter-Rasspe-Straße umgesetzt werden. Produktion, Dienstleistungen und Handwerk könnten sich niederlassen. Auch Betrieben, die bereits in Solingen sind, werden hier Möglichkeiten geboten, sich zu erweitern. Unter Denkmalschutz stehen lediglich zwei der zahlreichen Gebäude. Über diese fliegt gerade elegant eine schwarze Krähe. Im Sommerfliederbusch zieht ein Sperling ungestört seine Jungen auf. Symbol der Vergänglichkeit neben neuem Leben.

(RP)
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