Solingen Rathaus-Skandal: Verfahrensabschluss bis Sommer

Solingen · Ordnungsamt-Mitarbeiter soll bei Vergabe von Securityaufgaben und Trödelmärkten betrogen haben. Die Ermittlungen nähern sich nun dem Abschluss. Die Staatsanwaltschaft ist optimistisch, den Fall demnächst vor Gericht zu bringen.

Zurzeit liegen die Akten noch auf den Schreibtischen der mit dem Fall betrauten Sachbearbeiter. Doch nachdem die Polizisten mehrere Monate gegen einen vom Dienst suspendierten leitenden Beamten des Solinger Ordnungsamtes ermittelt haben, befinden sich die Untersuchungen nun auf der sprichwörtlichen Zielgeraden. So rechnet die Staatsanwaltschaft damit, dass ihr die Fahndungsergebnisse in den nächsten zwei Wochen zugehen und wohl bis zum Sommer Anklage gegen den Mann sowie einen weiteren Verdächtigen erhoben wird.

Dies bestätigte der zuständige Oberstaatsanwalt Wolf-Tilman Baumert am Mittwoch auf Anfrage unserer Redaktion. Demnach konnten bei den umfangreichen Ermittlungen die im Raume stehenden Vorwürfe gegen die Männer nicht entkräftet werden. Beispielsweise wird dem früheren Abteilungsleiter des Ordnungsamtes nach Last gelegt, mit seinem mutmaßlichen Komplizen bei der Vergabe von Bewachungsaufgaben in städtischen Flüchtlingsunterkünften betrogen zu haben.

So gehen Polizei sowie Staatsanwaltschaft nach wie vor davon aus, dass der Stadtmitarbeiter in ehedem führender Position nebenbei an einer Sicherheitsfirma beteiligt war, die vom Ordnungsamt Aufträge erhielt. Und darüber hinaus steht der Mann im Verdacht, bei der Zuteilung von Trödelmärkten ebenfalls in die eigene Tasche gewirtschaftet haben.

Sollten sich die Verdachtsmomente gegen den geschassten Beamten am Ende bestätigen, würde es sich um einen der größten Korruptionsfälle der zurückliegenden Jahrzehnte im Solinger Rathaus handeln. Dabei war der Ex-Abteilungsleiter zunächst lediglich durch einen Zufall in das Visier der Fahnder geraten. Denn als die Staatsanwaltschaft vor einiger Zeit gegen den möglichen Mittäter, den Geschäftsführer des besagten Security-Unternehmens, in einer anderen Angelegenheit ermittelte, tauchte plötzlich immer wieder der Name des Beamten auf.

Im Verlauf der Untersuchungen ergab sich dann die Vermutung, der Beamte könnte sich als Teilhaber der Firma mit seinem Komplizen die Aufträge aus dem Rathaus für die städtischen Flüchtlingsunterkünfte selbst zugeschoben haben - wobei die Stadt schließlich nach Bekanntwerden der Vorwürfe die Notbremse zog, den Mitarbeiter beurlaubte und die Zusammenarbeit mit dem Security-Unternehmen beendete.

Ferner strengten die zuständigen Stellen in der Verwaltung eigene interne Ermittlungen an, die ebenso wie die polizeilichen Maßnahmen jetzt vor dem Abschluss stehen. Die Ergebnisse, zu denen das Rechnungsprüfungsamt gelangt sei, würden zurzeit "aufbereitet und dann an die Staatsanwaltschaft zur Prüfung weitergeleitet", hieß es gestern aus dem Rathaus - so dass auch die Resultate dieser Untersuchungen in eine Anklage wegen Bestechlichkeit sowie Untreue miteinfließen dürften.

Zwar betonte Oberstaatsanwalt Baumert am Mittwoch in Bezug auf die Ermittlungen ausdrücklich, in der Solinger Verwaltung habe sich einzig der betreffende Beamte etwas strafrechtlich Relevantes zuschulden kommen lassen. Aber in Gänze ausgestanden ist die Angelegenheit für die Stadt damit noch nicht.

Denn im Zuge der ans Tageslicht kommenden Verdachtsmomente entschloss sich die Verwaltung, die Vergabe der Trödelmärkte in den Stadtbezirken für 2017 neu zu regeln. Bei mehreren Bewerbern entscheidet fortan das Los, was zuletzt zum Beispiel bei der Fördergemeinschaft Höhscheid/Grünewald für Ärger sorgte. Die Händler fühlen sich ungerecht behandelt, da sie in diesem Jahr bei dem bislang von ihnen ausgerichteten Trödelmarkt im Juni am alten Bahnhof leer ausgingen. So wird vor allem moniert, durch das Losverfahren kämen traditionelle Solinger Veranstalter seltener zum Zuge.

Die Stadt Solingen verteidigt hingegen die neue Praxis. Das Los komme nur zur Anwendung, wenn mehrere Veranstalter am selben Tag im selben Bezirk einen Markt abhalten wollten, sagte eine Sprecherin, die zudem betonte, auswärtige Bewerber dürften nicht benachteiligt werden.

(RP)
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