Wegberg Kita-Streit eskaliert

Wegberg · Nachdem der Stadtrat die Erweiterung des Kindergartens Harbeck abgelehnt hat, kündigt Bürgermeister Stock eine rechtliche Prüfung an.

Über die angespannte Betreuungssituation in den Kindertagesstätten Wegbergs berichtete der Heinsberger Jugendamtsleiter Hans-Jürgen Oehlschläger während der Ratssitzung. 58 Kinder, für die ein Betreuungsplatz gesucht wird, können zurzeit nicht versorgt werden. Außerdem werden 102 Kinder in Gruppen betreut, die eigentlich schon voll sind. Dennoch sprach sich der Rat der Stadt Wegberg mit der Stimmenmehrheit des Mühlenbündnisses (CDU, FDP und AfW) gegen die von der Verwaltung geplante Erweiterung des katholischen Kindergartens Harbeck aus (Abstimmungsergebnis 16:15). Bürgermeister Michael Stock prüft nun, ob der Ratsbeschluss womöglich das Gemeinwohl gefährdet und er diesen beanstanden muss.

Weil es in Wegberg zu wenig Kindergartenplätze gibt, sollen aus Sicht des zuständigen Kreisjugendamtes Heinsberg eine neue Einrichtung mit vier Gruppen in Forst nahe der Ophover Mühle gebaut sowie ein Container auf dem städtischen Kindergartengelände in Merbeck und ein Erweiterungsbau am Kindergarten in Harbeck errichtet werden. Jugendamtsleiter Oehlschläger überraschte am Dienstag im Rathaus außerdem mit der Ankündigung, dass in Beeck eine zusätzliche vierte Gruppe eingerichtet werde. Notwendig sei dies alles, weil die Nachfrage nach Kinderbetreuungsplätzen viel höher sei als erwartet. Oehlschläger: "Das Nachfrageverhalten hat uns alle überrascht. Wir müssen über kurzfristige Lösungen nachdenken, darum haben wir die Containerlösung vorgeschlagen."

Wegen der fehlenden Kindergartenplätze hatte der Elternrat des Harbecker Kindergartens "Rabennest" den Jugendhilfeausschuss des Kreises in einem Offenen Brief um Hilfe gebeten. Aus Platzmangel ist eine der drei Gruppen der Einrichtung seit vier Jahren in einem Container untergebracht. Vorgesehen war dies als Notlösung für längstens zwei Jahre. Die Eltern fragen sich, warum nicht gebaut wird, obwohl die Architekten- und Finanzierungspläne längst vorliegen.

Eine Erklärung lieferte Bürgermeister Michael Stock gestern nach der Ratssitzung: Der Stadtrat habe sich in nichtöffentlicher Sitzung mit knapper Mehrheit dagegen ausgesprochen. "Ich kann diese Entscheidung nicht nachvollziehen, nach meiner Einschätzung ist sie in völliger Missachtung der Situation getroffen worden", erklärte er unserer Redaktion. Es liege ein mit der Kirche abgestimmtes und schlüssiges Finanzkonzept vor, bei dem der Stadt Wegberg durch den Anbau in Harbeck keinerlei finanzielle Nachteile entstehen würden. "Das wurde im Vorfeld der Entscheidung auch so kommuniziert", sagte Stock. Er wies auch darauf hin, dass die Erweiterung des Harbecker Kindergartens ausdrücklicher politischer Wille des Jugendhilfeausschusses des Kreises Heinsberg sei.

Die CDU-Fraktion zeigte sich überrascht von der Information, dass im Stadtgebiet acht Gruppen für 160 Kindergartenkinder fehlen. Auch von der Erweiterung in Beeck um eine Gruppe habe man keine Kenntnis gehabt. Fraktionsvorsitzende Petra Otten fordert wie Sven Müller-Holtkamp (FDP) zunächst ein Gesamtkonzept, das langfristige Lösungen bietet. Die Gegenfinanzierung der Erweiterung in Harbeck stellt sich für die CDU schwierig dar, teilt Otten mit. "In der Berechnung sind einige Annahmen getätigt worden, für die es - bezogen auf die lange Finanzierungsdauer bis 2040 - aus unserer Sicht keine solide Grundlage gibt. So wird zum Beispiel der Zinssatz weitere 20 Jahre sehr niedrig angesetzt." Auch die AfW fühlte sich laut Nicole von den Driesch von der Darstellung der prekären Bedarfssituation überfahren. "Natürlich handelte es sich in der beratenen Vorlage des Kindergarten Harbecks in erster Linie um eine Ablösung einer provisorischen Lösung, die für alle Beteiligten unbefriedigend ist. Jedoch kann unsere Fraktion diesen Punkt nicht von der prekären Bedarfssituation in Wegberg losgelöst betrachten und beraten, insbesondere vor dem Hintergrund knapper Haushaltsmittel."

Die SPD-Fraktion ist nach eigenen Angaben entsetzt "über das erneute Blockadeverhalten des sogenannten Mühlenbündnisses". Die geplante Erweiterung in Harbeck sei gegenfinanziert, für die Stadt letztlich sogar rentierlich. Nachvollziehbare Gründe, das Vorhaben abzulehnen, gibt es nach Ansicht der SPD nicht. "Wir haben die große Sorge, dass durch dieses Blockadeverhalten der Fortbestand der dritten Gruppe und damit der Bestand des Kindergartens insgesamt gefährdet ist." Das würde nach Ansicht der SPD auch bedeuten, dass sich die Unterversorgung mit Kindergartenplätzen in Wegberg drastisch erhöhen würde. Wolters: "Es ist beschämend, dass die Verhinderungskoalition von CDU, FDP und AfW ihr dünnes parteipolitisches Süppchen auf dem Rücken der Wehrlosesten dieser Stadt, nämlich unserer Kinder kocht. Das sogenannte Mühlenbündnis schadet unserer Stadt."

(RP)
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