Wermelskirchen "Herbstzeitlose" - irres Stück mit wahnsinnigen Frauen

Wermelskirchen · Eine wahnsinnig leidenschaftliche Theatervorstellung war das im Film-Eck: Das Ensemble des Wuppertaler Taltontheaters präsentierte am Donnerstag die irre Komödie "Herbstzeitlose" der argentinischen Autorin Diana Raznovic. Das Publikum, das sich nach dem ersten Akt doch noch sehr unschlüssig zeigte, fand zunehmend Gefallen an dem unkonventionellen Stück, das eine Kritik an der gegenwärtigen Gesellschaft und ihrem Hang zur Massenkultur formuliert.

Verliebt in einen Serienheld: Rosalia (Marlene Meissner) und Griselda (Nour Almahmoud), zwei Jungfern, teilen sich nicht nur den Wohnraum, sondern auch den Mann. Zumindest die Idee, Geliebte des scheinbar perfekten und unerreichbaren Seifenopern-Darstellers Mariano Rivas (Maurice Kaeber) zu sein.

Seit drei Jahren verfolgen die jungen Frauen, die eine außergewöhnliche Freundschaft mit einer ausgeprägten Hassliebe pflegen, den TV-Star in verschiedenen Serien. Immer wieder wurden im Stück Filmsequenzen auf die Leinwand projiziert, Ausschnitte der Telenovela, in der ihr Mariano als prolliger Automechaniker Marcello zu sehen ist. Als Marcello in der Serie bedroht wird, schreiten die Frauen ein und rufen die Produktionsfirma an, um den Lauf der Geschichte zu ändern. Weil sie nicht ernst genommen werden, beschließen Rosalia und Griselda, ihren Star, mit vorgehaltener Waffe, zu entführen.

Während der erste Akt nach schwerfälligem Start erst langsam an Schwung gewann, ging es im zweiten Teil deutlich rasanter zu.

Mit Schwarm Mariano in ihrer Wohnung drehen Rosalia und Griselda komplett durch, schmachten ihn an, liebkosen ihn und zwingen ihn sogar , einen Mechaniker-Overall anzuziehen und ihre Lieblingsszene vorzuspielen. Die nämlich enthält eine leidenschaftliche Kussszene.

Und Marianos Gefühlswelt wankt: Mal fühlt er sich von den Frauen bedroht, mal geschmeichelt. Zeitweise scheint er den Wahnsinn seiner beiden Fans sogar zu genießen.

Als Rosalia und Griselda ihrem Serienhelden jedoch näher kommen, stellen sie entsetzt fest: Er ist geschminkt. Die Fassade bröckelt, die Illusion der perfekten Seifenopernwelt zerbricht. Ihr Mariano ist nicht der perfekte Held aus der Serie, sondern auch nur ein gewöhnlicher Mensch. Am Ende besinnen sich die Frauen schließlich darauf, dass die Realität, in der sie sich gegenseitig haben, besser ist und verstoßen den Schauspieler, der gekränkt zurückbleibt.

Ein außergewöhnliches Stück vor simpler, funktionaler Kulisse, bot das Film-Eck mit "Herbstzeitlose". Den drei Schauspielern verlangte der zeitweilig überspitzte Stoff einiges ab. Die Herausforderung meisterten sie bravourös.

(RP)
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