Michael Ottersbach Jugendliche sollen ernst genommen werden

Wermelskirchen · Michael Ottersbach ist Seelsorger für den Rheinisch-Bergischen Kreis. Er spricht darüber, warum die Kirche für Jugendliche einen Halt bietet.

Was ist an der Kirche so toll?

Ottersbach An der Kirche ist toll, dass sie völlig unterschiedliche Menschen im Glauben verbindet. Menschen, die auf der Suche sind, Menschen, die Gott in ihrem Leben erfahren haben und die versuchen, den Glauben zu leben. Die Aufgabe der Kirche ist es daher die Möglichkeit zu geben, mit Christus in Kontakt zu kommen.

Kommt die Osterbotschaft bei den Jugendlichen heute noch an?

Ottersbach Ostern feiern wir Tod und Auferstehung Jesu. Das Leben ist stärker als der Tod. Es geht um das ganze, volle Leben. Jugendliche stehen vor vielen Fragen, wie sie ihr Leben gestalten sollen. Die Osterbotschaft macht Mut für die Zukunft - für das eigene Leben, für die Gesellschaft, für die Kirche. Ostern hat auch in vielen Nöten unserer Zeit ein klares Ja zum Leben als Botschaft. Das ist auch heute wichtig.

Und woran merken Sie, dass sie ankommt?

Ottersbach Wo sich Menschen die Frage stellen, was der Glaube für sie persönlich bedeutet: Wie zeigt sich in meinem Handeln und Tun die Botschaft Jesu? Dort, wo Menschen versuchen, neue Wege zu gehen, Brücken zu bauen, um Gräben zu überwinden. Oder wo sie sich für die Schwachen einsetzen. Da kommt die Osterbotschaft bei ihnen und in ihrer Umgebung an.

Womit kann man Jugendliche in die Kirche locken?

Ottersbach Jugendliche sollen mit ihren Fragen ernst genommen werden und Menschen begegnen können, die ein persönliches Glaubenszeugnis geben. Es geht nicht darum, irgendein Lockmittel zu finden. Es braucht eine Erfahrung mit Gott - das geschieht durch Andere, die mit ihren Stärken und Schwächen versuchen den Glauben zu leben. Solche Beispiele und Vorbilder können dann dazu führen, eigene und weitere Fragen zu stellen.

Schreckt die Strenge der katholischen Kirche nicht eher ab?

Ottersbach Im Glauben schenkt Gott eine riesige Freiheit und Freude am Leben. Das erlebe ich positiv. Es geht darum, den Glauben besser kennenzulernen und sich zu fragen, welche Bedeutung er für mein persönliches Leben haben kann. Die Kirche muss immer neue Wege gehen, ohne dabei den Inhalt des Glaubens aufzugeben.

Was würde Jesus heute machen, um Jugendliche zu begeistern?

Ottersbach Ich glaube, dass Jesus auch heute Jugendlichen eine ganze Menge zutraut. Dass er aufruft an der Zukunft mitzubauen und die eigenen Fähigkeiten zu entdecken. Keiner darf sagen: Auf mich kommt es nicht an. Denn Gott hat mit jedem Menschen einen ganz eigenen Weg vor.

Warum sind die Kirchen an hohen Feiertagen immer so gut besucht, während der normale Sonntagsgottesdienst oftmals eher unattraktiv erscheint?

Ottersbach Es ist toll, dass an den hohen Feiertagen so viele Menschen zur Kirche kommen. Das zeigt, dass die Botschaft von Ostern oder Weihnachten auch in einer eher weltlichen Umgebung in vielen Menschen auch heute etwas anspricht. Ich glaube, dass da eine Sehnsucht in uns Menschen ist, die im Glauben eine Antwort findet. Das gilt natürlich nicht nur ein paar Tage im Jahr. Auch an anderen Zeiten sollte spürbar sein: Der Glaube will den ganzen Menschen ansprechen, er will durch Herz und Kopf gehen. Dann kann ich mein persönliches Ja sagen.

Was müssten Pfarrer machen, um die Jugend auf der Straße zu erreichen?

Ottersbach Wir müssen immer wieder auf die Straße gehen, um zu sehen und zu hören, wie Jugendliche in unserem Ort und unserer Stadt leben. Die Herausforderung ist es dann, eine einladende, bleibende Erfahrung im Glauben zu ermöglichen. Wir müssen versuchen zu zeigen, dass das normale Leben und der Glaube zusammengehören. Klar ist aber auch, dass man den Glauben nicht "machen" kann, sondern dass er wie ein Geschenk ist, dass ich annehmen kann.

Was macht den Reiz der Messdienerschaft aus?

Ottersbach Die vielen Messdienerinnen und Messdiener übernehmen einen wichtigen Dienst in unseren Gemeinden. Diese wären zum einen die vielen Aufgaben bei der Feier der Gottesdienste und zum anderen die gelebte Gemeinschaft bei Gruppenstunden, bei Fahrten oder Aktionen im Leben der Pfarrei. Große Treffen, wie der nächste Kreisministrantentag im Oktober, können da eine Unterstützung für die Arbeit vor Ort sein. Das zusammen bildet eine starke Gemeinschaft untereinander und hilft den Glauben zu vertiefen.

Wie wichtig ist Ökumene in der Jugendarbeit?

Ottersbach Als Christen verbindet uns mehr, als uns trennt. Daher ist auch in der Jugendarbeit die Ökumene sehr wichtig. Das kann sich auf ganz unterschiedliche Weise in Gottesdiensten oder Aktionen zeigen. In der Fastenzeit haben sich zum Beispiel in Altenberg rund 300 Jugendliche aus Rhein-Berg zum ökumenischen Kreuzweg der Jugend getroffen. Als evangelische, freikirchliche und katholische Christen haben wir dort zusammen den Glauben gefeiert.

Muss die Zusammenarbeit da nicht noch intensiviert werden?

Ottersbach Ja. Als Christen verschiedener Konfessionen müssen wir auch weiter Wege zueinander und miteinander suchen. Die Christen sollen zusammen in der Gesellschaft hörbar sein. Das entspricht dem Wunsch Jesu.

Was kann man denjenigen erwidern, die von Skandalen in der Kirche enttäuscht sind und sich abwenden?

Ottersbach Da, wo es in der Kirche Missstände gibt, sollen sie offen benannt werden, und es muss dagegen angegangen werden. An diesen Stellen leidet dann das Zeugnis für Christus. Wir müssen uns alle immer wieder neu auf den Weg in der Nachfolge machen. Wenn sich Menschen von der Kirche abwenden, soll ihnen immer die Tür offengehalten werden.

DAS INTERVIEW FÜHRTE WOLFGANG WEITZDÖRFER

(wow)
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