Wermelskirchen Schulden: Druck nimmt zu

Wermelskirchen · Schuldnerberatung rechnet in 2010 mit einem noch größeren Zulauf. Langfristige Entschuldung wird immer schwieriger, weil Firmen lieber Mitarbeiter entlassen und mit Leiharbeitern arbeiten. Kritik an der KAS.

Die Zeiten, in denen sich die Schuldnerberaterinnen in Ruhe mit den Klienten zusammensetzen und den langfristigen Entschuldungsplan auch mit den Gläubigern erarbeiten können, sind vorbei. Die Vorgänge sind einerseits so komplex geworden, dass sie mehr Zeit in Anspruch nehmen, andererseits machen immer häufiger Gläubiger Druck und wollen doch schneller ihr Geld haben. "Damit wird oft die Arbeit über den Haufen geworfen", so Constanze Hempel.

Die Trägerin der örtlichen Schuldnerberatung am Brückenweg ist die AWO Bergisch Gladbach. Doch die Stadt ist der größte Geldgeber. Mit Constanze Hempel und Jutta Paulig sind seit September 1998 zwei Beraterinnen dabei, deren Stundenzahl langsam von 20 auf bis heute jeweils 30 Stunden in der Woche hochgesetzt wurde. Längst reicht das aber nicht mehr aus.

Explosionsartig habe in den vergangenen zwei Jahren die Zahl eines neuen Klientels zugenommen: Es kämen immer mehr Menschen, die ihre Immobilien-Hypotheken nicht mehr abbezahlen könnten. 2009 vor allem bedingt durch Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit. "Wir rechnen eigentlich 2010 in diesem Bereich mit einem Boom", so Hempel. Die beiden Beraterinnen haben nämlich festgestellt, dass bei vielen Menschen der private Haushaltsplan ausgereizt sei. Komme eine weitere Belastung hinzu, breche oft alles zusammen.

Hier spielten auch Firmen oft eine Rolle. "Sie entlassen, obwohl genügend Arbeit vorhanden ist. Sie arbeiten lieber mit Leiharbeitern, die weniger kosten", so die Kritik. Das macht es für die Schuldenberaterinnen schwierig:. "Wir haben einfach keine Prognosemöglichkeit mehr."

Druck machte Menschen krank

Davon werden inzwischen die Menschen krank, denn der Gerichtsvollzieher hänge ihnen im Nacken. "Der Druck wächst bei den Leuten. Sie kommen, wollen auch nur mal reden. Unsere Arbeit verändert sich schon." Schlechte Erfahrungen scheinen die Bürger laut Jutta Paulig mit der Kooperationsgemeinschaft Arbeit und Soziales (KAS) zu machen. "Jeder zweite Bescheid ist fehlerhaft. Und wenn die Menschen, die sowieso wenig Geld haben, noch darum kämpfen müssen, zermürbt das."

Die Hemmschwelle "Schuldnerberatung" gibt es zwar nach wie vor, durch die Fernseh-Serien spielen ihnen zu: "Die Bürger wagen nun den Schritt eher. Das ist wie eine Legitimation, dass sie nun auch zur Beratung gehen dürfen", meint Hempel. Wobei sie feststelle, dass die Leute "schlecht zwischen Realität und Fernsehen" unterscheiden könnten.

(RP)
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