Kommentar Wie Geht's, Wesel? Im Karussell

Wesel · Es war die Woche der Personalien in Wesel: Eine Klinik bekommt einen neuen Chef, ebenso die Kämmerei. Allumfassende Hektik? Bisstrieb im Haifischbecken? Zweimal gilt: Abgänge dieser Art müssen in dieser Hierarchieebene eingepreist sein. Dennoch würde etwas Ruhe jetzt mal guttun.

Wer derzeit in Wesel auf einem Chefposten sitzt, sollte beizeiten kontrollieren, ob auf seinem Sitzmöbel noch alle Schrauben fest angezogen sind. Man sitzt neuerdings nämlich auf wackligen Stühlen in dieser Stadt, wenn man hier einen Chefposten innehat. Schon vor Wochen war die Bauvereins-Chefin entlassen worden. In dieser Woche nun wurde dem Kämmerer Paul-Georg Fritz deutlich gemacht, dass er ab Februar nicht mehr das städtische Geld zählen darf. Und dann ist da noch die überraschendste aller Personalien, die des Klinikchefs Dieter Morlock, der in dieser Woche erfuhr, dass auf seine Expertise in der Stiftung Pro homine künftig nicht mehr gezählt wird.

Sind das nun Zeichen einer allumfassenden Hektik? Verschwindet die Besonnenheit in Politik und Wirtschaft? Zu diesem Urteil könnte man angesichts des heftig rotierenden Personalkarussells schnell kommen. Eine differenzierte Betrachtung ist jedoch nötig: Es gibt, so ist zu hören, für beide Personalentscheidungen innerhalb der Gremien triftige Gründe.

Die Causa Kämmerer: Dass Paul-Georg Fritz gehen muss, war länger abzusehen. Beigeordnete sind Wahlbeamte auf Zeit. Nach acht Jahren erfolgt ihre Wiederwahl - oder eben Abwahl. Wer, wie Fritz, einer kleineren Partei wie den Grünen angehört, muss damit rechnen, bei einer wechselnden Mehrheit im Kommunalparlament keine Jobgarantie von der Politik ausgesprochen zu bekommen. Hinzu kommt: Fritz hat allem Anschein nach CDU und SPD nicht so sehr nach der Pfeife getanzt, dass beide Parteien in Nibelungentreue ihrem Weseler Finanzmann vertrauten. Im Gespräch wirkt Fritz fast zartbesaitet, jedenfalls nicht wie einer, der im Haifischbecken Weseler Rathaus als Oberhai durchs Becken taucht und munter zubeißt. Welchen Job er künftig ausüben wird, darf man mit Spannung erwarten: SPD-Fraktionschef Ludger Hovest tat schon vor Monaten kund, dass Fritz Fraktionschef der Grünen im Weseler Rat werden wolle, wenn er sein Amt als Stadtkämmerer verliert.

Die Causa Klinikchef: Als größere Überraschungspersonalie dieser Woche darf zweifellos die Ankündigung des Pro-homine-Aufsichtsrats gelten, dass der Klinikchef Dieter Morlock entlassen wird. Aus für gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen wurde berichtet, dass im Aufsichtsrat immer wieder über die Kosten des Klinikumbaus diskutiert worden war. Morlock beeilte sich aber zu betonen, dass diese ihm nicht angelastet würden, dass - im Gegenteil - der komplette Bau schon vor seiner Zeit mit allen Baukosten beschlossen worden sei. Durch sein Wirken und das seiner Berater seien die Kosten später sogar reduziert worden. Ähnlich äußerten sich in dieser Woche auch Mitglieder des Aufsichtsrates - die zwar Morlocks Abschied beschlossen, aber dennoch im Bezug auf die genauen Gründe für die Trennung keine Aussagen machten. Ein Nachtreten gegenüber Morlock wäre für den Aufsichtsrat ohnehin problematisch. Es wäre ein Schuldeingeständnis erster Güte gewesen, wenn der Aufsichtsrat, dessen Aufgabe die Kontrolle der Geschäftsführung ist, Morlock nun schwerwiegende Fehler über einen längeren Zeitraum in der Vergangenheit attestiert hätte. Was also sind die wahren Gründe für den Wechsel? Es habe Differenzen über die zukünftige Ausrichtung der Pro homine GmbH gegeben, hieß es. Diese Aussage allein wird in der Mitarbeiterschaft nicht eben für Beruhigung sorgen. Der neue Geschäftsführer muss schnell Signale der Beruhigung aussenden. Denn um das hausinterne Klima etwa im Marien-Hospital war es nach allem, was zu hören ist, nicht zum Besten bestellt.

Jetzt kommen zwei Neue, für das Klinikum wie für die Kämmerei. In beiden Fällen sind es langjährig erfahrene Kräfte. Klaus Schütz hätte zwar als neuer Kämmerer eine Bühne, um sich als CDU-Kandidat für die Bürgermeisterwahl in Stellung zu bringen. Er wird sich diesen Schritt aber gut überlegen, wenn er gefragt wird. Johannes Hartmann wiederum ist 64 Jahre alt, hat 30 Jahre Geschäftsführererfahrung an großen Krankenhäusern.

Da setzen sich zwei ins Haifischbecken, die nicht mehr jeden Tag zubeißen müssen. Vielleicht ist das die beruhigende Nachricht dieser Woche.

Ihre Meinung? Schreiben Sie mir. sebastian.peters@rheinische-post.de

(RP)
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