Niederrhein Suggestives Spiel mit Perspektiven

Niederrhein · Das Museum Küppersmühle in Duisburg präsentiert zum ersten Mal in dieser Region mit David Schnell einen der erfolgreichsten Maler der "Neuen Leipziger Schule".

 David Schnell vor seinem Gemälde "Depot" im Museum Küppersmühle für Moderne Kunst am Philosophenweg 55.

David Schnell vor seinem Gemälde "Depot" im Museum Küppersmühle für Moderne Kunst am Philosophenweg 55.

Foto: andreas probst

Der Direktor des Duisburger Museums Küppersmühle (MKM) für Moderne Kunst, Walter Smerling, hat gewiss nicht unrecht, als er jetzt von "einer der schönsten Ausstellungen in der 18-jährigen Geschichte des Museums" sprach. Einen Besuch wert ist die Schau mit dem Titel "Fenster" allemal. Gezeigt werden rund 60 Werke von David Schnell, der 1971 in Bergisch-Gladbach geboren wurde, in Köln aufwuchs, doch als einer der wichtigsten Vertreter der sogenannten "Neuen Leipziger Schule" gilt, weil er in der sächsischen Stadt studiert hat und ein Meisterschüler von Arno Rink wurde.

Ob die Schublade "Neue Leipziger Schule" Sinn macht, bezweifelte David Schnell bei der Pressevorbesichtigung im MKM selber. Die Künstler arbeiten höchst unterschiedlich, haben auch verschiedene Lebensthemen, die man nur mit einigen gedanklichen Sprüngen unter einen gemeinsamen Nenner bringen kann.

Das Museum Küppersmühle zeigt vor allem Schnells meist großformatige Landschafts- und Architekturvisionen aus den vergangenen zehn Jahren. Fünf Arbeiten, die Schnell eigens für die Duisburger Ausstellung geschaffen hat, wurden erst vor drei Wochen trocken. Das Wort "trocken" trifft die Arbeitsmethode des Künstlers tatsächlich, denn Schnell arbeitet ganz konventionell mit Pinsel, Öl und Leinwand.

Das ist angesichts von Gemälden, die bisweilen Titel wie "Shift", "Code", "Depot" oder eben auch "Fenster" heißen, erstaunlich. Aber der Computer oder die digitalen Möglichkeiten sind bestenfalls Inspirationsquellen für Schnell, der Computer für seine unmittelbare künstlerische Arbeit nicht nutzt. Gleichwohl beschreibt die Kuratorin der Ausstellung, Eva Müller-Remmert, die Arbeiten des Künstlers zutreffend, wenn sie sagt: "Viele von Schnells Arbeiten erinnern an virtuell implodierende Cyberräume von Computerspielen."

Walter Smerling sieht es ähnlich: "Schnells Landschaften oder Stadtfluchten bewegen sich mit einem Bein im Cyberspace. Je länger man die Bilder betrachtet, desto mehr fügen sich die Einzelteile vor unserem Auge zu einer eigenständigen digitalen Welt." Doch auch wenn der Betrachter an Computergrafiken, Pixelbilder oder raffinierte Chiffrierungen denkt, so sind Schnells erste Inspirationsquellen nicht virtuellen Spielwelten entnommen, sondern der Wirklichkeit. Fast typisch ist da das den Ausstellungstitel gebende Gemälde "Fenster", das wie das Leuchten eines riesigen Bildschirms gesehen werden kann; angeregt zu dem Motiv habe ihn, so David Schnell, aber ein Gang durch die engen Gassen Neapels. Fasziniert wird der Betrachter - ungeachtet aller Spekulationen über das Zusammenspiel von analogen und digitalen Welten - von den Farben und dem ungemein suggestiven Spiel mit den Perspektiven. Schnell, der sich in seinem Studium intensiv mit der Malerei der Renaissance beschäftigt hat, erweitert die damals "entdeckte" Zentral-Perspektive zu einer polyfokalen Gestaltung, die die Betrachter geradezu ins Bild hineinzieht. Die Raumwirkung ist dabei ebenso grandios wie irritierend.

Besonders intensiv ist das Seherlebnis bei Schnells so genannten "Stangen"-Bildern, von denen das Gemälde mit dem Titel "Depot" in der Qualität herausragt. Seine freien Farb- und Motiv-Spiele, die an italienische Stadtansichten und Landschaften erinnern, gefallen Auge und Gemüt unmittelbar. Schnells Arbeiten sind besonders dann überzeugend, wenn er an der Schwelle von Abstraktion und Gegenständlichkeit pendelt. Seine Gemälde der jüngsten Zeit sind menschenleer. Dennoch hat man den Eindruck, dass da irgendetwas passiert. Aber was, bleibt offen.

Ausstellung bis zum 18. Juni. Zur Ausstellung ist ein vielseitiges Rahmenprogramm geplant. Der Katalog kostet an der Kasse 25 Euro. Öffnungszeiten: Mittwochs von 14 bis 18 Uhr, donnerstags bis sonntags und an Feiertagen von 11 bis 18 Uhr. Der Eintritt fürs gesamte Haus kostet neun, ermäßigt sechs Euro. Weitere Infos unter www.museum-kueppersmuehle.de

(pk)
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