Wesel Wo man in Wesel früher baden konnte

Wesel · Vor dem Hintergrund der Diskussion um die Bäder erinnert sich RP-Leser Heinz Breuer, wie und wo Schwimmen möglich war.

 1899 liegt die Badeanstalt im Hafen - hier mit den Teilen der Schiffsbrücke

1899 liegt die Badeanstalt im Hafen - hier mit den Teilen der Schiffsbrücke

Foto: Malz Ekkehart

Die Badeanstalt (so wie sie damals hieß) am Rhein in Wesel, gab es schon, denn dieses Freibad wurde bereits vor dem Krieg gebaut und war bereits Anfang der 1950er Jahre wieder geöffnet. In bevorzugter Lage mit Liegewiesen direkt am Rheinufer, ansonsten schlicht und einfach. Ein Nichtschwimmerbecken in rechteckiger Form, dahinter abgetrennt das Becken für den Drei- Meter-Sprungturm und das Ein-Meter-Sprungbrett und daneben das 50-Meter-Schwimmbecken mit steinernen Sprungböcken für acht Bahnen. Einige Duschen mit Fußbecken und ein flaches Gebäude mit Umkleidekabinen und Textilaufbewahrung, ein Kassenhäuschen und eine kleine Verkaufsstelle im Eingangsbereich, das war's.

Das Gebäude der Rheinterrasse war eine Ruine, nur die Plattierung war terrassenförmig erhalten und diente uns auf dem Bauch liegend zum Aufwärmen bei nicht so sonnigem Wetter.

Natürlich war das alles schon wesentlich fortschrittlicher, als das, was mein Vater Willi Breuer (1898-1975) als Junge in der Badeanstalt im Rhein, genannt Klein-Scheveningen, erlebt hat.

Von der Lage etwa 200 Meter oberhalb der im Krieg zerstörten Eisenbahnbrücke waren zunächst Pfähle vom Ufer aus im Strom verankert und der Bereich für Nichtschwimmer und Schwimmer durch Ketten abgegrenzt. Später dann auf Pontons mit Steg und Sprungturm. Am Ufer standen noch einige roh gezimmerte Bänke und Holzzellen als Umkleidegelegenheit für Erwachsene. Fürs weibliche Geschlecht gab's zur damaligen Zeit wohl keine Bademöglichkeit. Auf keinen Fall zusammen mit dem männlichen. Der Bademeister sorgte mit dem Knüppel für Disziplin. Um den Durst zu löschen konnte man damals noch das Rheinwasser trinken, besonders da, wo es klar über die Steine der Kribben lief.

Zurück zur Badeanstalt in meiner Kindheit: Große Urlaubsfahrten in den Sommerferien gab es in den meisten Familien noch nicht. So verbrachte ich oft den ganzen Tag mit Schwester Inge oder Freunden in der Badeanstalt. Mit Verpflegung wie zum Beispiel Butterbroten oder auch Kartoffel-bzw. Nudelsalat, oder auch kalte Pfannkuchen oder Reibekuchen. Ein paar Groschen für Brausetütchen zur Getränkeaufbereitung und vielleicht ein Nappo sorgten für absolute Zufriedenheit.

Das Schwimmen hat man sich selbst beigebracht und schon bald danach das Freischwimmerzeugnis (15 Minuten Schwimmnachweis) beim Oberschullehrer Adolf Kabiersch erworben.

Einmal war ich sogar Lebensretter. Mein Freund Rainer, als Junge durch eine langwierige Krankheit, eine Knochenmarkvereiterung, am Bein gehandicapt und nicht so ganz lauf- und standsicher, hatte sich ins Nichtschwimmerbecken begeben. Bei regnerischem Wetter, wir waren an diesem Morgen die einzigen Badegäste, beobachtete ich ihn von der Liegewiese aus, wie er immer wieder in der Mitte des Beckens kurz auftauchte, aber sogleich wieder unter Wasser ging. Ich hatte das zunächst als übermütiges Treiben gedeutet und dieses Schauspiel schmunzelnd beobachtet. Als er aber beim Auftauchen heftig nach Luft schnappte und im Gesicht bereits blau anlief, erkannte ich den Ernst der Situation und eilte ihm schnell zu Hilfe. Er hatte auf dem glitschigen Beckenboden keinen Halt gefunden und war deswegen immer wieder ausgerutscht und mit dem ganzen Körper untergetaucht.

Weitere Möglichkeiten boten sich zu dieser Zeit noch in den Naturgewässern Strandbad Sonsfeld am Hagener Meer und Lange Renne am Reisenden Mann in Haffen-Mehr. Wie auch der Lippe-Seitenkanal bei Friedrichsfeld. Hier waren Frachtschiffe der Anreiz. Die galt es seitlich anzuschwimmen, an Deck zu klettern und einige 100 Meter, zum Ärgernis der Schiffer, mitzufahren. Das war natürlich abenteuerlich und nicht ungefährlich. Manchmal hatte man auch die Farbe der frisch gestrichenen Planken am Körper. Großer Anziehungspunkt war auch eine verlassene Eisenbahnbrücke, von der man gewagte Sprünge in den Kanal machen konnte.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort