Kreis Viersen Drastischer Anstieg der Fahrradunfälle

Kreis Viersen · Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der verunglückten Radler um 32 Prozent an. Erstmals seit 15 Jahren gab es mehr Radunfälle als Tage im Jahr. Eine wissenschaftliche Untersuchung soll jetzt klären, warum so viele Kinder verunglücken.

 Vereinbarten eine wissenschaftliche Untersuchung der Unfälle mit radelnden Kindern: Dieter Lambertz (Kreisverkehrswacht), Dr. Andreas Coenen (Landrat) und Heinz Albert Stumpen (Deutsche Hochschule der Polizei).

Vereinbarten eine wissenschaftliche Untersuchung der Unfälle mit radelnden Kindern: Dieter Lambertz (Kreisverkehrswacht), Dr. Andreas Coenen (Landrat) und Heinz Albert Stumpen (Deutsche Hochschule der Polizei).

Foto: Röse

So wenige Unfalltote wie noch nie, aber so viele Verkehrsunfälle wie seit 15 Jahren nicht mehr - die Unfallentwicklung im vergangenen Jahr verlief im Kreis Viersen durchwachsen. Besondere Sorge machen dem Leitenden Polizeidirektor Manfred Krüchten die Fahrradunfälle. Erst gestern Vormittag wurde ein 21-jähriger Radler in St. Tönis an der Kreuzung Südstraße/Bahnstraße von einem Auto angefahren. Er verletzte sich am Knie. 412 Radfahrer verunglückten im vergangenen Jahr auf den Straßen im Kreis Viersen - das ist der höchste Stand seit fünf Jahren. "Im Vergleich zu 2015 stieg die Zahl der Verunglückten um 32 Prozent an - diese Steigerung ist enorm", sagt Krüchten.

Besonders betroffen macht ihn die große Zahl an Mädchen und Jungen, die auf dem Fahrrad verunglücken. Seit sechs Jahren werden es nahezu stetig mehr. "Im Verhältnis zum Vorjahreszeitraum haben wir ein Plus von 30,5 Prozent", erläutert Heinz-Josef Reinhardt aus der Direktion Verkehr. 77 Kinder verunglückten auf dem Fahrrad - das ist der höchste Wert seit zehn Jahren. NRW-weit hat der Kreis Viersen damit die Rote Laterne. Und das, obwohl die Kreispolizeibehörde seit Jahren einen strategischen Schwerpunkt auf die Fahrradunfälle legt, einen präventiv-repräsentativen Ansatz fährt. Einerseits an Schulen aufklärt, andererseits auf personalintensive Kontrollen setzt. 530 Mal ahndeten die Polizisten falsches Verhalten von Radfahrern, darunter 172 Verstöße gegen das Handyverbot am Lenker. Diese repressiven Maßnahmen sollen in diesem Jahr deutlich ausgeweitet werden. Als "Maßnahmenzielwert" für 2017 sind 2400 Verwarngelder und Ordnungswidrigkeitenanzeigen gegen Radfahrer angepeilt. "Durch die Neuorganisation der Polizei im Kreis haben wir entsprechend Personal", erklärt Krüchten.

Landrat Dr. Andreas Coenen, qua Amt Chef der Polizeibehörde, macht deutlich, dass er die Negativ-Entwicklung nicht akzeptieren will. "Als Kreis haben wir Zahlen, die absolut nicht zufriedenstellend sind." Problem: Niemand kann sich erklären, wieso die Fahrradunfälle ausgerechnet im Kreis Viersen so stark angestiegen sind. "Früher lagen wir immer besser als der NRW-Schnitt", erinnert sich Dieter Lambertz, Chef der Kreisverkehrswacht Viersen. War das Kind auf dem Rad unter Zeitdruck? War es in einer Gruppe unterwegs? "In unseren Unfallberichten werden nur die objektiven Fakten erfasst; ich glaube aber, dass zu vielen Unfällen subjektive Gegebenheiten geführt haben", erklärt Krüchten.

Landrat Coenen sagt: "An dieses Thema müssen wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Ressourcen dran gehen. Wir müssen einen wissenschaftlichen Blick von außen aufs Datenmaterial werfen lassen." Dabei soll Heinz Albert Stumpen von der Deutschen Hochschule der Polizei in Hiltrup helfen. Er unterzeichnete gestern gemeinsam mit Coenen und Lambertz den Vertrag über eine 60.000 Euro schwere wissenschaftliche Untersuchung der Unfälle mit radelnden Kindern im Kreis Viersen. Zwei Drittel der Kosten trägt das Land NRW, ein Drittel die Kreisverkehrswacht - aus Spendengeldern.

"Wir werden um eine tiefergehende Befragung nicht drumherumkommen", erklärt Stumpen. Denkbar sei, dass die Unfallopfer der vergangenen Jahre telefonisch oder per Fragebogen zu den Begleitumständen des Unfalls Auskunft geben sollen. Auch an eine Zusammenarbeit mit Verkehrspsychologen ist gedacht. 18 Monate wird die Untersuchung dauern, am Ende sollen klare Handlungsempfehlungen an die Polizei stehen.

(mrö)
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