Stadt Willich Ganzes Gemeindeleben unter einem Dach

Stadt Willich · Morgen steht die Neersener Friedenskirche im Mittelpunkt der Emmaus-Kirchengemeinde Willich. Mit einem Festgottesdienst feiert die Gemeinde das 50-jährige Bestehen von Kirche und Gemeindezentrum.

 Vor 50 Jahren, genau am 27. Februar 1967, wurde die neue Friedenskirche in Neersen eingeweiht. Das wird am Sonntag gefeiert. Für die Zukunft steht eine energetische Sanierung an.

Vor 50 Jahren, genau am 27. Februar 1967, wurde die neue Friedenskirche in Neersen eingeweiht. Das wird am Sonntag gefeiert. Für die Zukunft steht eine energetische Sanierung an.

Foto: Bernhard Schramm / Friedenskirche

Die Grundsteinplatte in der Mauer der Friedenskirche in Neersen scheint ein wenig zu schummeln, zumindest wenn man der offiziellen Einladung zur Grundsteinlegung glauben darf, die als Fotokopie die Ausstellung im kleinen Saal der Friedenskirche ziert. Während in der Platte das Jahr der Grundsteinlegung mit 1965 angegeben ist, lautet das Datum auf der Einladung 1966, ganz genau gesagt, der 27. Februar 1966. An diesem Tag legte die evangelische Kirchengemeinde in Neersen feierlich den Grundstein für ihre neue Kirche. "Vielleicht war 1965 vorgesehen und es wurde dann der Jahresbeginn vom neuen Jahr. Das ist meine These", meint Pfarrer Dr. Michael Haarmann lächelnd. Doch egal, wann besagter Grundstein gelegt wurde, auf den Tag genau ein Jahr später, am 27. Februar 1967 fand die Einweihung der Friedenskirche an der Bengdbruchstraße 1 in Neersen statt. Die neue Kirche samt Gemeindezentrum löste dabei die alte Kirche an der Hauptstraße, gegenüber dem Schloss Neersen, ab.

Der Grund für den Neubau war das Wachstum der Gemeinde. Für die rund 730 Gemeindemitglieder war die frühere Kirche einfach zu klein geworden. Mit Hilfe der Gustav-Adolf-Stiftung und den Spenden vieler Gemeindemitglieder konnte der Neubau realisiert werden. Grundsteinlegung, Einweihung, erste Gottesdienste in der Kirche, die Nutzung des Gemeindezentrums - viele Fotos, alte Zeitungsartikel als auch die damaligen Bauzeichnungen spiegeln die 50-jährige Geschichte in der Ausstellung wider. "In den ersten Jahren hat es ständig durch das Flachdach reingeregnet", erinnert sich Edith Lamm, die 30 Jahre als Küsterin die Friedenskirche betreute und damit in die Fußstapfen ihres Vaters trat, der ebenfalls Küster der evangelischen Kirche in Neersen war. Die Feuerwehr rückte an und beregnete das Kirchendach künstlich. "Wir wollten schauen, wo das Wasser durchkam, aber es blieb trocken. Erst der nächste natürliche Regen ließ es wieder tropfen", berichtet Lamm aus der gut gefüllten Anekdötchenkiste. Ein Schiefbahner Dachdecker sanierte 1993 alles, gab zehn Jahre Garantie und hinterließ damit ein Dach, das bis heute dicht hält.

Der Architekt Dunker hatte vor 50 Jahren einen Gebäudekomplex entworfen, der aus dem eigentlichen Kirchenraum und dem Gemeindezentrum bestand. Alles geht nahtlos ineinander über. Dazu kam der hohe Glockenturm vor dem Gebäude. Dieser ragte noch bis 1990 grau in den Himmel. "Das war damals keine Sparmaßnahme, sondern architektonisch gewollt. Doch dann schimmerten die Eisen durch den Beton und der Turm wurde, wie das Gebäude selber, weiß gestrichen", erzählt Lamm. Im Jahr 2000 schlossen sich größere Umbaumaßnahmen an. Die in einem kleinen Raum untergebrachte Küche, die bei größeren Feierlichkeiten einfach viel zu klein war, entstand unter Teilnutzung des Foyers sowie im ehemaligen Jugend- und einem Teil des Sanitärbereiches, der ebenfalls komplett überarbeitet wurde. Der Jugendraum zog in die einstige Sakristei um. Weitere Räume wechselten nach der Sanierung ihre Nutzung. Aus zwei Räumen entstand zudem der heutige kleine Saal, der mittels flexibler Raumtrennung bei Bedarf wieder in zwei Zimmer geteilt werden kann.

Der große Saal und die Kirche behielten ihre mobile Raumtrennung. "Weihnachten oder bei anderen Anlässen, wo wir eine größere Kirche benötigen, öffnen wir die Wand zum Saal und erhalten auf dem Weg den benötigten Kirchenraum. Wir arbeiten in der Kirche mit loser Bestuhlung und stellen einfach mehr Stühle auf", sagt Haarmann. Inzwischen zählt die Kirchengemeinde in Neersen nämlich 1100 Mitglieder.

Aber nicht nur die Gemeinde als solche ist in den 50 Jahren gewachsen. Sie ist laut Haarmann, der selber seit 14 Jahren Pfarrer der Neersener Gemeinde ist, auch zusammengewachsen. "Wir sind ein Ort lebendiger Gemeinde", beschreibt er es. Das Gemeindeleben ist von vielen Aktivitäten geprägt, die von der Krabbelgruppe bis hin zum Seniorenbasteln reichen. Die Friedenskirche beherbergt all dies unter ihrem Dach. Die Kirche ist nicht nur der Gottesraum mit der Vorderwand aus den drei verschachtelten Kreuzen, sie ist viel mehr. "Hier findet Gemeindeleben in all seinen Facetten statt", sagt die amtierende Küsterin Klaudia Suffner. Wenn am Sonntag das Jubiläum gefeiert wird, blickt Haarmann schon in die Zukunft. Die Friedenskirche braucht nämlich eine energetische Sanierung. Die Fenster sind so 50 Jahre alt und die Waschbetonsteine stellen eine gewaltige Kältebrücke dar.

(tref)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort