Stadt Willich Öffnen sich die Bruderschaften?

Stadt Willich · Schützen-Bruderschaften sollen sich für Nicht-Christen und homosexuelle Königs- oder Königinnenpaare öffnen, Mitglieder sollen unter gewissen Voraussetzungen in diesen christlichen Vereinigungen bleiben dürfen, auch wenn sie aus der Kirche ausgetreten sind.

"Diese Leitlinien sind nicht bis ins Detail durchdacht. Wann gelten zum Beispiel die neuen Vorgaben? Ab sofort oder erst, wenn die Bruderschaften in ihren Satzungen entsprechende Neuerungen beschlossen oder beim alten Modell (nur Mitglieder aus den 23 christlichen Konfessionen) bleiben wollen?", fragt Kunze. Und was passiert, wenn sie bei ihren bisherigen konservativen Satzungen bleiben?

In dem Bundespapier steht weiter, dass generell im Einzelfall nach umfassender Prüfung der jeweilige Brudermeister mit dem Präses auch Nicht-Christen aufnehmen darf. Kunze, andere Bezirksverbände, so Kempen, und der Aachener Diözesan-Verband, hatten zur Klärung vieler offener Fragen in Leverkusen einen Vertagungsantrag gestellt, der aber keine Mehrheit fand. Jetzt trifft sich Mike Kunze erst einmal im katholischen Pfarrheim in Willich am 9. April mit den Verantwortlichen seiner Bruderschaften, um über die Folgen des Orientierungspapiers zu sprechen. Kunze will bald wissen, woran er ist. Denn am 13. Mai findet in Schiefbahn-Niederheide das Bezirkskönigschießen statt: Der neue Bezirkskönig, der theoretisch auch keiner christlichen Gemeinschaft angehören könnte, nimmt dann am Bundeskönigsschießen teil. Was gilt da, zumal die entsprechende Satzung noch nicht geändert werden konnte?

Die von unserer Redaktion befragten Brudermeister sind in einer ersten Stellungnahme sehr vorsichtig, wollen erst einmal das Treffen am 9. April abwarten. "Einigen Verantwortlichen, mit denen ich gesprochen habe, geht grundsätzlich der gesetzte Orientierungsrahmen zu weit, jetzt soll alles umgekrempelt werden", sagt der Ehren-Präsident der Niederheider St. Johannes Bruderschaft, Alfred Kopp. "Wie sollen sich neue Mitglieder zu christlichen Zielen bekennen, wenn sie beispielsweise überhaupt keiner Kirche angehören?", fragt er.

Nichts mit den Vereinbarungen der christlichen Bruderschaften haben hingegen die Schützenvereine zu tun. Der Präsident des Allgemeinen Schützenvereins (ASV) Willich, Willi Stennes, kommentiert: "Zu uns kann jeder kommen, der männlich ist und einen einwandfreien Leumund hat." Jeder, bis auf die Frauen. Ihr Beitritt ist nämlich in der Satzung ausgeschlossen.

Eine ähnlich skeptische Meinung wie Mike Kunze vertritt auch Ulrich Loyen. Der Schütze der St. Sebastianus Bruderschaft Vorst ist Bezirksbundesmeister in Kempen. Der Bezirk ist der Dachverband von 14 Bruderschaften mit rund 1600 Mitgliedern. "Generell bin ich für die Öffnung der Bruderschaften", sagt Loyen, der ebenfalls in Leverkusen dabei war und sich über die breite Mehrheit gewundert habe, mit der die Leitlinie angenommen wurde. Loyen akzeptiert diesen Beschluss, spricht aber auch von Problemen, wenn es zu den Einzelgesprächen mit Brudermeister oder Präses komme und sich Nicht-Christen zu christlichen Werten bekennen müssten. Was Loyen überhaupt nicht gefällt: dass die Vorstandsmitglieder der Bruderschaften einer christlichen Gemeinschaft angehören müssen, der Schützenkönig aber nicht unbedingt. "Der ist zumindest in den Jahren seiner Regentschaft aber genauso wichtig, da er dann die Bruderschaft überall vertritt."

Und schließlich, so steht's in der Leitlinie: Königspaare können zukünftig aus zwei Männern oder aus zwei Frauen bestehen. Auch dies müssten dann die Bruderschaften noch in ihren Statuten niederschreiben - wenn sie dies denn wollen.

(wsc)
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