Wülfrath Das ist Kunst und kann nicht weg

Wülfrath · Was andere wegwerfen, ist für Dagmar Kern wichtigster Rohstoff ihrer Bilder. Wie diese Ideen ausschauen, zeigt die erste Ausstellung. Im Rathaus wurde sie jetzt eröffnet.

 Für und auf alle Fälle bringt der Zufall Dagmar Kern zu den besten Einfällen für ihre Kunst. In der ersten Einzelausstellung sind Werke der vergangenen drei Jahre nun zu sehen.

Für und auf alle Fälle bringt der Zufall Dagmar Kern zu den besten Einfällen für ihre Kunst. In der ersten Einzelausstellung sind Werke der vergangenen drei Jahre nun zu sehen.

Foto: Achim Blazy

Was zerrissen, verschlissen, zerschnitten oder zusammengeknüllt und eigentlich bereits für den Abfall bestimmt ist, ist das von Dagmar Kern bevorzugte Material. "Nichts entgeht ihrem Blick, nichts darf weggeworfen werden", sagt dazu Sunci Matijanic. Sie muss es wissen, sie leitet zusammen mit Manuel Rohde das "Offene Atelier", in dem die Künstlerin seit drei Jahren Dauergast ist. In ihrer ersten eigenen Ausstellung namens "Zu-fall" im Rathaus-Foyer zeigt sie jetzt ihre Kunst.

"Da ist dieses Gefühl in mir, Kunst machen zu müssen", sagt die bald 63-Jährige. Intuition und Zufall sind dann die bestimmenden Momente im Zusammenspiel mit der "Bereitschaft, sich auf ein Abenteuer einzulassen", die sie dann zu Schnüren, Schnipseln oder anderen Accessoires greifen lassen. "Über mehrere Ateliertische wird großformatiges Papier verteilt", beschreibt Sunci Matijanic die Vorgehensweise, die zunächst "chaotisch" ist. Mit "feinem Gespür" würden so die "abstrakten, bunten und expressiven Arbeiten" entstehen, die ebenso "lebensfroh und humorvoll" sind wie Dagmar Kern selbst.

Im Eingangsbereich des Rathauses stehen, liegen und hängen nun diese gemalten Experimente mit Titeln wie "Rein Fall", "Ein Fall", "Auf alle Fälle" oder "Feder Fall". Letzterem Bild liegt offensichtlich der Fund einer Vogelfeder zugrunde. Mit ihr als Vorlage wurde eine formals kanariengelbe Fläche zum wild gemusterten Terrain. "Ich bin ein unkonventioneller Mensch der Tat", sagt Dagmar Kern über sich selbst.

Aber nicht nur Arbeiten auf Papier zeigt die 1954 in Wuppertal geborene Autodidaktion, die 30 Jahre künstlerische Arbeit als Werkleiterin der Buchbindewerkstatt im Troxlerhaus leistete. Eine eigentlich viel zu voluminöse Dickmadame, federleicht springend und fröhlich hüpfend, hat sie als kunterbunte Plastik geschaffen. Und frei nach Goethe ist des Lebens goldener Baum bei nicht bloß einfarbig schimmernd, sondern leuchtet mit vielen kleinformatigen Bildern vielschillernd. "Kreativ sein ist für mich eine lustvolle Angelegenheit, ein pures Vergnügen."

Viel Applaus gab es zur Vernissage vor vollem Haus aber nicht allein für die etwa 30 ausgestellten künstlerischen Einlassungen. Lutz Griebel zeichnete für die musikalische Gestaltung verantwortlich. Er trug Lieder vor, die "wie ein Blick durchs Fenster, also Stilleben" sind. Und weil er als Kind Mitte der 1970er Jahre einen Teil seiner Jugend in Brasilien verbrachte, also mit der Sprache vertraut ist, tat er das teilweise auf Portugiesisch.

Zusammen mit Manuel Rohde interpretierte der Gitarrist und Sänger außerdem das von Dagmar Kern ersonnene Gedicht "Für und auf alle Fälle", in dem sie in den ihr eigenen Worten Wege ihrer Kunstarbeit beschreibt: "Der Zu Fall / bringt den Ein Fall. / mit Ab Fall / den Weg Fall zu vermeiden. / Bei Ge Fall en wäre Bei Fall schön."

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