Wülfrath St. Martin nimmt die klassische Route

Wülfrath · Die Schnupfenhexe im Apothekenschaufenster lässt er links liegen. Und auch die hübschen Hippster beim Herren-Barbier. Dieser römische Reiter hat nur eins im Sinn: Seinen dunkelroten Samtmantel zu teilen.

 40. großer Martinszug in Wülfrath: Mit einem leuchtenden Froschkönig, hell blinzelnden Schafen und selbstgebastelteten Motivleuchten gehörten diese Kinder zu den mehr als 1500 Teilnehmern.

40. großer Martinszug in Wülfrath: Mit einem leuchtenden Froschkönig, hell blinzelnden Schafen und selbstgebastelteten Motivleuchten gehörten diese Kinder zu den mehr als 1500 Teilnehmern.

Foto: DJ

Die kleine Christina auf der Mauer des Parkdecks am Diek hat Mitleid mit dem Bettler im groben Leinensack: "Mensch, Papa, der friert doch bestimmt!" Derweil zieht Martin Vollmer hoch zu Ross eine Warteschleife nach der anderen, ganz nach römischer Legionärsmanier: "Immer in Bewegung bleiben!" Bis gut 2000 Martins-Gänger, Groß und Klein, versammelt sind, dauert es halt einen Moment. Doch dann sind alle da. Das von der Fördergemeinschaft St. Georg mit Wonne entzündete Martins-Feuer knistert und Pfarrer Thomas Rehrmann von der evangelischen Kirchengemeinde Wülfrath erzählt die Geschichte dazu, die selbst im gefühlskalt-nebligen November wärmt: "Martin war ein römischer Reitersmann und ritt an diesem Wintermorgen mit seinen Leuten aus..."

Rückblick: Auf dem Hof der Parkschule haben sich die versammelt, die es mit der Wegstrecke zur Mantelteilung ernst nehmen. Immerhin nimmt der 40. Wülfrather Martinszug nach Jahren vollgepackt mit sperrigen Baustellen wieder seinen angestammten Weg. "Den kennen viele Kinder noch gar nicht", sagt Jürgen Ahrweiler von der Fördergemeinschaft St. Georg. Also schreiten Ordner und die Jugendfeuerwehr voran. Unterwegs reihen sich viele Eltern mit ihren Kleinen ein. Sympathisch: Regelmäßige Pausen sorgen dafür, dass die Kurzen mit ihren ungleich kleineren Beinen hinterkommen. Und an der Ecke Goethestraße/Schwanenstraßen zeigt sich der später zum Heiligen erklärte Martin als früher Fan des öffentlichen Personennahverkehrs: Eigens für einen Bus der Linie 748 setzt der Martinszug samt edlem Reiter ein paar Schritte zurück.

Da sind 1100 der Weckmänner längst an die Teilnehmer verteilt. Der evangelische Posaunenchor unter der Leitung von Manfred Edelstein und die katholische Blaskapelle Rohdenhaus intonieren die klassischen Martinslieder, die von vielen hellen Kinderstimmen mitgesungen werden, so dass vor allem Senioren am Wegesrand leuchtende Augen bekommen: "Hör mal, ist das nicht schön!" Nur zum reitenden Martin an der Zugspitze dringt kaum ein Ton. Drum flachst Martin Vollmer bei der letzten Pause auf der Goethestraße: "Die Kapellen sind vermutlich die Abkürzung gegangen."

(RP)
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