Xanten Ein Schulmanager mit Herz

Xanten · Der Lüttinger Schulleiter Johannes Munkes ist seit Anfang des Monats im Ruhestand. Ein Blick zurück und nach vorn.

 Johannes Munkes geht nach 40 Jahren im Schuldienst in den Ruhestand.

Johannes Munkes geht nach 40 Jahren im Schuldienst in den Ruhestand.

Foto: Armin Fischer

Nein, die Entscheidung hat er nie bereut: 27 Jahre ist es her, dass sich Johannes Munkes (erfolgreich) um den Rektor-Posten in der Lüttinger Grundschule bewarb - auf den Tag genau 27 Jahre später ist er in den Ruhestand gegangen: Seit dem 1. März ist sein Stuhl im Lehrerzimmer leer. Und da setzt sich zurzeit auch noch kein anderer Kollege drauf - oder besser keine andere Kollegin. Denn Männer sind an Grundschulen Mangelware und nicht nur an der Hagelkreuzschule.

 Auch so bleibt Johannes Munkes in Erinnerung: Mit dem Akkordeon sorgte er beim Karnevalszug der Schule für Stimmung.

Auch so bleibt Johannes Munkes in Erinnerung: Mit dem Akkordeon sorgte er beim Karnevalszug der Schule für Stimmung.

Foto: arfi

Auch damals, am 1. März 1990, als Johannes Munkes seine neue Stelle antrat, waren es drei Lehrerinnen, die die 85 Kinder unterrichteten: Liesel van der Post, Agnes Klewes und Marita Int-Veen. Die Stelle des Rektors war frei geworden, weil Hans Jansen nach längerer Krankheit verstorben war. "Im Schichtdienst haben die drei Kolleginnen die vier Klasse unterrichtet", so Munkes. Er war nicht wie die Jungfrau zum Kinde, sondern durch ein Bewerbungsgespräch beim damaligen Bürgermeister Alfred Melters und bei Ilse Falk, Vorsitzende des Schulausschusses, zu der Stelle gekommen: "Das ist der richtige Mann zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Der passt dahin", hatten beide im Herbst 1989 entschieden. Der würde auch heute noch dahin passen, sind Kollegen, Eltern sowie auch die Schüler sicher. Und die ersten 14 Tage fielen ihm nicht leicht, gibt der 64-Jährige zu. "Man hat ja Tag und Nacht die Schule im Kopf gehabt". Die Entscheidung, die Rente zu beantragen, sei richtig gewesen: " Ich wollte gesund und fröhlich in den Ruhestand gehen".

Hochgerechnet 1800 Mädchen und Jungen hat Johannes Munkes in den insgesamt 40 Jahren, die er im Schuldienst war, ins Leben begleitet; im Fischerdorf hat er "aus der schnuckeligen kleinen Dorfschule", wie es der ehemalige Schulrat Henrich Heidbüchel bei der Amtseinführung formulierte, mit seinem engagierten Kollegium einen äußerst beliebten Schulstandort gemacht, den er in keiner Weise gefährdet sieht. "Wir brauchen die Grundschulen in Xanten, in Marienbaum und auch in Lüttingen". Zweimal musste die Schule schon erweitert werden, weil sie aus allen Nähten platzte: 1995 ("Da wurde eine Klasse vorübergehend im Feuerwehrgerätehaus unterrichtet") und 2000. Denn die Schülerzahl war von den 85 Schülern auf 320 angestiegen, von der Einzügigkeit ging es in die Dreizügigkeit. Zurzeit besuchen 250 Kinder die Hagelkreuzschule. Seit 20 Jahren gibt es in Lüttingen dank des Fördervereins "Schule von 8 bis 1" für 45 Euro pro Monat, seit zehn Jahren den offenen Ganztag (Ogata), das Mittagessen kommt vom Krankenhaus ("und es schmeckt allen"). Gegessen wird in der Mensa, dem ehemaligen Lehrerzimmer. Zwischen 10 und 100 Euro je nach Einkommen zahlen Eltern im Schnitt, wenn ihre Kinder den offenen Ganztag besuchen, hinzu kommt das Essensgeld von 3,30 Euro pro Mahlzeit. Beim offenen Ganztag, in dem rund 50 Jungen und Mädchen betreut werden, und in der "8 bis 1-Betreuung" mit 78 Kindern arbeitet Munkes auch im Ruhestand im Auftrag des Fördervereins als Koordinator und Organisator weiter mit. Der ehemalige Rektor ("Manager eines mittleren Betriebes würde es besser treffen"), der alle Fächer unterrichtet hat, kannte alle Schüler mit Namen - "den Ehrgeiz hatte ich". Viel habe sich in den 40 Jahren verändert. Der Anteil von Wissensvermittlung und Erziehung hat sich umgekehrt: Die Schule sei Elternhaus-Ersatz, Lehrer seien zu wichtigen Bezugspersonen geworden. "Eine gesellschaftliche Entwicklung", sagt einer, der sich noch gut an die Zeiten erinnern kann, als es noch keine Ganztagsbetreuung gab. Geben musste. "Da war die Oma zu Hause, oder die Nachbarn haben sich gekümmert".

Inklusion, so sagt er, sei "eine tolle Sache", aber es fehle an allen Ecken und Enden an Personal. An Menschen, die mit Empathie Kinder mit Beeinträchtigungen begleiten.

Mädchen, so weiß er aus Erfahrung, sind sorgfältiger, eifriger als Jungen. "Im Unterricht müssen sie aber aufpassen, dass sie von den Jungen nicht untergebuttert werden". Überhaupt sei ein Stück Respekt und Höflichkeit verloren gegangen, bedauert der Mann, der hofft, dass "seine" Schule die gleiche positive Entwicklung nimmt wie in den letzten Jahren. Am 9. Juni wird er"um die Mittagszeit" in den Ruhestand verabschiedet.

Dienstag hat er sich aber erstmal ins Flugzeug gesetzt, ist nach Formentera geflogen, seit 1981 regelmäßig Urlaubsziel von Marita und Johannes Munkes. "Das ist unsere zweite Heimat", sagt er und freut sich darauf, zum ersten Mal außerhalb der Ferien Urlaub zu machen.

Eine Zukunft so ganz ohne Schule? Kaum vorstellbar. "Stimmt: Integrationshelfer für ein Kind mit Handicap, das könnte ich mir vorstellen. Aber nicht in Lüttingen", sagt Munkes und lacht.

(jas)
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