Stecken Banden dahinter? Imker klagen über Diebstahl von Bienen

Düsseldorf · Diebe haben es derzeit auf Bienenvölker abgesehen. Noch nie sind laut Polizei so viele Völker entwendet worden wie in diesem Frühjahr. Möglicherweise stecken Banden dahinter. Die Täter seien selbst Imker, vermuten Experten.

 Detlev Garn hat zwei Bienenvölker verloren.

Detlev Garn hat zwei Bienenvölker verloren.

Foto: Matzerath/Corbis

Eigentlich wollte Detlev Garn an diesem Wochenende den Honig schleudern, den seine Bienen produziert haben — so wie es der Imker aus Langenfeld immer an den Pfingsttagen macht. Doch in diesem Jahr wird daraus nichts. Denn seine Bienen sind weg, samt dem Honig, den sie gemacht haben. Unbekannte haben sie gestohlen. Zwei Bienenvölker, die hinter dichten Büschen im Richrather Landschaftsschutzgebiet in Kästen lebten, haben die Diebe mitgenommen. "Das waren pro Volk etwa 40 000 Bienen", sagt der 48-Jährige. "Sie wussten genau, was sie wollten. Die Täter haben dafür sogar ein schweres Eisengittertor aufgebrochen", sagt der Imker.

Der Monheimer Hobby-Imker ist nicht der einzige, dem in den vergangenen Tagen und Wochen Bienenstöcke gestohlen worden sind. Landesweit verzeichnete die Polizei in diesem Frühjahr bereits Hunderte Fälle von entwendeten Bienenvölkern. Allein in Detmold sind schon 20 Bienenstöcke verschwunden. Der Sachschaden: geschätzte 10 000 Euro. "Das ist ein Phänomen. Wir stehen vor einem Rätsel", sagt ein Polizeisprecher aus dem Kreis Lippe, zu dem Detmold gehört. Kein einziger Bienen-Dieb sei bislang gefasst worden. Zwar seien auch in den Vorjahren immer mal wieder Bienen gestohlen worden. "Aber nicht in diesem Ausmaß", sagt der Polizeisprecher. "Das deutet schon auf kriminelle Strukturen hin — möglicherweise Banden, die gezielt zuschlagen."

Der nordrhein-westfälischen Landwirtschaftskammer sind die Fälle bekannt. "Wir vermuten, dass Imker dahinterstecken", sagt ein Sprecher. "Bienenvölker zu klauen, ist günstiger und weniger aufwendig, als sie zu züchten oder zu kaufen." Wie in jeder anderen Branche gebe es auch unter den Imkern "schwarze Schafe", sagt er. Die meisten der rund 10 000 Imker in NRW betreiben die Bienenzucht in der Freizeit und verkaufen den Honig als Nebenerwerb. "Sie sind für den Anbau im Obst- und Gemüsegarten unverzichtbar", sagt ein Sprecher des NRW-Umweltministeriums, der aber ebenfalls nicht ausschließen will, dass Imker hinter den Diebstählen stecken.

Auch die Polizei geht mittlerweile davon aus, dass die Täter vom Fach sind. "Das ist ja ein ungewöhnliches Diebesgut, auf das es nicht irgendwer abgesehen hat", sagt ein Polizeisprecher aus Monheim. "Möglicherweise hat sich jemand Ersatz beschafft, der ein eigenes Bienenvolk verloren hat, vielleicht treiben die Täter aber auch Handel damit." Das seien aber bislang nur Vermutungen, an denen die Ermittlungen erst einmal ansetzen. "Irgendwo müssen wir ja anfangen zu suchen. Eine Spur haben wir noch nicht."

Ein Grund für die Diebstahlserie könnte auch das massenhafte Bienensterben sein. Europaweit gibt es so wenige Bienen wie nie zuvor. Dabei ist die Landwirtschaft auf die Insekten für das Bestäuben von Mais, Raps oder Zuckerrüben angewiesen. Nach dem Rind und dem Schwein ist die Honigbiene das drittwichtigste Nutztier. Die Varroa-Milbe hat die Bienenvölker seit Jahren stark dezimiert. Im vergangenen Winter sind ihr rund 15 Prozent der Honigbienenvölker in NRW zum Opfer gefallen. Seit Jahren streiten Wissenschaftler um die Gründe für den Bienentod. Sicher ist nur: Es dürften mehrere Faktoren sein. Auch das schlechte Wetter spielt eine Rolle. "Es ist einfach noch zu kalt, und die Völker, die aus dem Winter kommen, sind zu klein", sagt ein Sprecher der Landwirtschaftskammer. Jede dritte Biene übersteht den Winter nicht.

Dass die Nachfrage nach Honigbienen in Deutschland groß ist, bestätigt auch Detlev Garn. "Der Handel blüht", sagt er. Der Diebstahl seiner Bienen trifft ihn besonders hart. Denn er musste bereits im vergangenen Jahr hohe Verluste beklagen. Etwa 90 Prozent seiner Bienen in Langenfeld und Monheim gingen 2012 ein — wegen Pestiziden und der Milbe. Deswegen baute er mühsam einen neuen Bestand auf, der sich prächtig entwickelte — bis die Völker gestohlen wurden.

Wie die Polizei vermutet auch Garn, dass Insider hinter dem Diebstahl stecken. "Wegen des schweren Gewichts der Kästen waren es bestimmt mindestens zwei Personen, die meine Völker gestohlen haben." So ganz hat der 48-Jährige die Hoffnung nicht aufgegeben, seine Bienen zurückzubekommen. Er hat eine Belohnung von 100 Euro für die Wiederbeschaffung ausgesetzt. "Zudem warne ich alle Imker vor den Dieben: Passt auf eure Bienen auf."

(RP/csi)
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