Nach mutmaßlichen Morden in Kliniken Ermittler lassen acht Leichen exhumieren

Oldenburg · Im Zuge der Mord-Ermittlungen gegen den früheren Krankenpfleger Niels H. werden Staatsanwaltschaft und Polizei in den nächsten Wochen die ersten acht Exhumierungen vornehmen. Der Ex-Pfleger muss sich wegen dreifachen Mordes und zweifachen Mordversuchs vor Gericht verantworten.

Pfleger unter Mordverdacht: Ermittler lassen acht Leichen exhumieren
Foto: dpa, crj fdt

Dabei sollen Gräber von Verstorbenen aus dem Klinikum Delmenhorst geöffnet werden, wie die Ermittler am Montag in Oldenburg mitteilten. "Weitere Exhumierungen werden folgen", hieß es in einer Mitteilung der Behörden. Die genauen Termine und Orte der Graböffnungen teilten die Staatsanwaltschaft und die Sonderkommission "Kardio" aus Rücksicht auf die Angehörigen nicht mit.

H. muss sich derzeit wegen dreifachen Mordes und zweifachen Mordversuchs vor dem Oldenburger Landgericht verantworten. Er soll Patienten ein bestimmtes Herzmedikament gespritzt und so Notfälle ausgelöst haben, um seine Fähigkeiten bei der Wiederbelebung zu beweisen. Über die ihm vorgeworfenen Taten hinaus räumte H. in dem Prozess insgesamt 90 Fälle ein, in denen er Notfälle auslöste. Dabei sollen dem Angeklagten zufolge 30 Menschen gestorben sein. Das Urteil in dem Oldenburger Prozess wird für Donnerstag erwartet.

Gutachter: Todeseintritt in 12 Fällen nicht plausibel

Im Zuge ihrer weiteren Ermittlungen gegen H. wollen Staatsanwaltschaft und Polizei nun dessen sämtliche beruflichen Tätigkeiten umfassend aufarbeiten und dabei verdächtige Sterbefälle aufklären, die mit seiner Arbeit in Verbindung stehen könnten. Unter anderem werden derzeit mehr als 170 Sterbefälle im Klinikum Delmenhorst untersucht, die in die Dienstzeit von H. fielen und in denen die Verstorbenen erdbestattet wurden.

In diesen Fällen liegen die ersten 23 Gutachten des von der Staatsanwaltschaft Oldenburg beauftragten Sachverständigen vor, wie die Ermittler weiter mitteilten. In bisher zwölf Fällen ist der Todeseintritt nach Auffassung des Gutachters nach dem Krankheitsverlauf nicht plausibel - in diesen Fällen prüfen die Ermittler nun weiter den Verdacht, dass der Tod der Patienten auf eine Zuführung des Medikamentes Gilurytmal zurückzuführen ist.

Ausgrabungen in den kommen Wochen

Exhumierungen sind in den kommenden Wochen auf mehreren Friedhöfen geplant. Dabei wird es an einem Tag jeweils mehrere Graböffnungen geben. Die Exhumierungen auf dem ersten Friedhof werden nun vorbereitet. Den Ermittlern zufolge wurden die nächsten Angehörigen der Verstorbenen bereits vorab persönlich informiert. In den ersten acht Fällen hätten die Angehörigen "betroffen, aber weitestgehend gefasst" reagiert. Mit den Ergebnissen der Untersuchungen sei erst in mehreren Monaten zu rechnen.

Bei ihren bisherigen Ermittlungen fanden Staatsanwaltschaft und Polizei bislang keine konkreten Hinweise, dass H. bereits während seiner früheren Tätigkeit im St.-Willehad-Hospital in Wilhelmshaven Patienten durch nicht indizierte Medikamentengabe getötet haben könnte. Die Prüfung von Verdachtsfällen während der Tätigkeit von H. in Altenpflegeheimen und Hilfsorganisationen in Wilhelmshaven dauert demnach noch an.

Zudem leiteten die Behörden bislang im Zusammenhang mit mehr als 20 Sterbefällen im Klinikum Oldenburg Ermittlungen gegen H. wegen Anfangsverdachts auf Mord ein. In diesen Fällen gehen die Ermittler insbesondere dem Verdacht nach, dass H. Patienten durch den Einsatz von Kalium getötet haben könnte. Gegen Verantwortliche der Kliniken Oldenburg und Delmenhorst wird zudem weiterhin wegen Verdachts des Totschlags durch Unterlassen ermittelt.

(AFP)
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