Mordanschlag in Passau Polizeichef von Neonazi niedergestochen

Passau (RPO). Der Passauer Polizeichef Alois Mannichl ist am Samstag höchstwahrscheinlich Opfer eines Neonazi-Anschlags geworden. Ein noch flüchtiger Täter stach den 52-Jährigen nieder. Von dem Täter fehlte zunächst jede Spur. Eine 20-köpfige Sonderkommission wurde eingerichtet.

Das Attentat auf den Polizeichef
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Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) verurteilte den Mordanschlag als "hinterhältig und brutal". Sollte sich der rechtsextreme Hintergrund der Tat bestätigen, "hätte die Gewalt von Rechts eine völlig neue Dimension erreicht". Mannichl musste operiert werden. Lebensgefahr bestand nicht. Unter seiner Leitung war die Polizei im Landkreis Passau in der Vergangenheit immer wieder gegen Aufmärsche von Neonazis vorgegangen.

Der Täter, der eine Glatze oder sehr kurz geschnittenes Haar hatte, klingelte gegen 17.30 Uhr an der Haustür des Leiters der Polizeidirektion. Als Mannichl öffnete, bedrohte der Mann ihn zunächst verbal und stach ihm dann ein Messer mit elf Zentimeter langer Klinge in die Rippen. Mann könne von Glück sprechen, dass innere Organe nicht verletzt wurden, sagte ein Polizeisprecher.

Nach Angaben des leitenden Oberstaatsanwalts in Passau, Helmut Walch, sagte der Mann zu Mannichl: "Viele Grüße vom nationalen Widerstand. Du linkes Bullenschwein, du trampelst nimmer auf den Gräbern unserer Kameraden herum." Ermittelt wird wegen versuchten Mordes.

Herrmann besuchte Mannichl am Sonntagvormittag in der Klinik. Der Minister zeigte sich tief betroffen von dem "feigen Angriff". "Dass ein führender Polizeibeamter offensichtlich nicht spontan, sondern planmäßig angegriffen wurde, ist etwas ganz Außergewöhnliches. Das ist sehr, sehr ernst", betonte Herrmann. Man müsse sich "auf ganz neue Gefahren gefasst machen". Der Minister schloss in diesem Zusammenhang einen möglichen neuen NPD-Verbotsantrag nicht aus.

Grünen-Chefin Roth verlangte von der bayerischen Staatsregierung als Konsequenz aus dem Anschlag ein umfangreiches Maßnahmenpaket im Kampf gegen Rechts. Dieses Attentat sei "ein alarmierendes Zeichen dafür, wie gefährlich und zu allem entschlossen die rechtsextreme Szene in Bayern ist".

Die Zahl der polizeilich bekannten Straftaten mit rechtsextremistischen Hintergrund im Bereich Passau hat sich laut Innenministerium 2008 im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt. Bislang seien 83 Straftaten bekannt. 2007 seien es 40 Delikte gewesen.

Von dem Täter fehlte zunächst jede Spur. Er flüchtete vermutlich mit einem Fahrzeug. Das Messer ließ der Unbekannte am Tatort zurück, es wird derzeit noch auf Spuren untersucht. Eine 20-köpfige Sonderkommission wurde eingerichtet. Der Täter soll etwa 1,90 Meter groß und von kräftiger Statur sein. Zudem hat er einen Leberfleck oder eine Tätowierung und spricht bayerischen Dialekt, eventuell mit österreichischer Einfärbung.

Im Juli war es bei der Beerdigung eines Szene-Mitglieds zu Ausschreitungen Rechtsextremer in Passau gekommen. Ein Mann wurde festgenommen, weil er während seiner Grabrede eine Hakenkreuzfahne auf den Sarg geworfen hatte. Ein Polizist hatte dies beobachtet, die Staatsanwaltschaft ließ das Grab wenige Tage später öffnen und stellte die Fahne sicher. Es gab damals weitere Festnahmen, unter anderem wegen eines Angriffs auf zwei Menschen nach der Trauerfeier. Bei einem spontanen Aufmarsch protestierten rund 50 Rechtsextreme gegen die Polizei.

(DDP)
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