Der Moderator wird 75 Dieter Thomas Heck — der Herr der Hitparade

Mainz/Águilas · Keine Gala, keine Showtreppe: Ungewöhnlich leise feiert der lauteste Moderator, den das "Zett-De-Eff" je hatte, an diesem Samstag seinen 75. Geburtstag. Erst übernächste Woche ist er wieder auf dem Bildschirm – als Gast bei der ARD.

Dieter Thomas Heck, der "Mister Hitparade"
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Dieter Thomas Heck, der "Mister Hitparade"

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Keine Gala, keine Showtreppe: Ungewöhnlich leise feiert der lauteste Moderator, den das "Zett-De-Eff" je hatte, an diesem Samstag seinen 75. Geburtstag. Erst übernächste Woche ist er wieder auf dem Bildschirm — als Gast bei der ARD.

Der Regisseur Kurt "Truck" Branss (1926—2005) wusste genau, was die Zuschauer in dem neuen Moderator erkennen würden, mit dem er 1969 gemeinsam die "ZDF Hitparade" startete: "Der Mann der Zukunft: besessen, laut — ohne Kinkerlitzchen." Da hatte Carl-Dieter Heckscher bereits eine erste Karriere als Schlägersänger (1961 gescheitert im Vorausscheid des Grand-Prix) hinter sich und sich nach einem Votum von Radio-Luxemburg-Hörern in "Dieter Thomas Heck" umbenannt.

Nicht zufällig verkaufte Heck noch den dürftigsten Gesang und die schlechtesten Cover-Versionen deutschsprachiger Schlager-Stars und -Sternchen mit dem schamlos übertriebenen Gestus eines Autoverkäufers — denn genau das hatte er ursprünglich gelernt. Alles, was Heck auf der Showbühne vorführte, hatte er von 1957 bis 1961 als Verkäufer bei einem Borgward-Händler in Hamburg erfahren.

Seinen Namen wie seine Haare ondulierte Dieter "Thomas" Heck nach dem Publikumsgeschmack; immer eine Nummer zu groß, immer eine Nummer zu laut. Wenn Heck zum Beginn der Hitparade "Hier ist Berlin" in sein immer im 45-Grad-Winkel gehaltenes Mikrofon regelrecht hinein brüllte, bediente er offensiv und ohne andere Ambition den Geschmack des deutschen Massenpublikums — für das sich im deutschen Fernsehen damals außer ihm niemand richtig interessierte.

Zu seinem Publikum kannte Heck bis zu seinem Rücktritt von der TV-Bühne kaum eine Distanz. Er war der erste TV-Moderator, der mit dem Finger frontal in die Kamera zeigte. Und das sollte eins zu eins heißen, was es zeigte: Ihr seid gemeint. Für euch mache ich das. Entsprechend zog Heck wie kaum eine zweite TV-Figur den Hass der rebellischen Jugend auf sich. Ihn focht das nicht an. "Ich repräsentiere das deutsche Fernsehen", sagte Heck gern von sich, "wenn ich vor die Tür trete, bin ich im Dienst." Im Dienste seines "Zett-De-Eff" versuchte er möglichst genau so zu sein, wie er sich gab.

Dieter Thomas Heck war ohne jedes Gespür dafür, wie gefährlich demaskierend 1970 seine Darstellung in Wolfgang Menges Fernsehfilm "Das Millionenspiel" war, in der Heck spielte, was er war: den Moderator. Nur dass es in dem Film nicht darum ging, die Plattenverkäufe häufig talentfreier Gesangs-Darsteller anzukurbeln, sondern um eine fiktive TV-Show, in der ein Kandidat eine Woche von Berufskillern durch Deutschland gejagt wurde. Heck stellte den Moderator Thilo Uhlenhorst mit der gleichen Unbekümmertheit dar, mit der er in der Hitparade zu seinem Tontechniker "Reiner, fahr ab!" sagte, um sich dann lässig mit einer Zigarette ans Mischpult zu stellen.

Diese Lässigkeit war Heck keineswegs von Kindesbeinen an gegeben. Als Junge litt der gebürtige Flensburger an massiven Sprachstörungen, nachdem er 1943 bei einem Bombenangriff verschüttet worden war. In der Schule wurde er deswegen gehänselt, sein Bruder beschrieb ihn als "Weichei". Erst bei Aufführungen des Schultheaters, vor allem aber bei seinem späteren Gesangsunterricht, konnte er das Stottern überwinden — und wusste fortan, was er tun wollte: auf einer Bühne stehen und jemanden darstellen.

Dieter Thomas Heck richtete sein (öffentliches) Leben nach Applaus und Zustimmung ein. Gleich zu Beginn der Hitparade 1969 ließ er Zuschauer über seinen Bart abstimmen (kam ab; 78 000 von 80 000 Postkarten enthielten ein eindeutiges Votum). Noch vor zehn Jahren beharrte Heck in einem Interview darauf, sein Lieblingsgericht seien Frikadellen mit Kartoffelpüree und Blumenkohl, und nach letzterem sei er wirklich süchtig: "Wenn Sie mir morgen sagen würden: Wussten Sie eigentlich, dass Blumenkohl Rauschgift enthält, würde ich antworten: Ja, das wundert mich nicht."

So ganz passte sein Lebensstil nicht wirklich zu dieser zur Schau getragenen Volksnähe. Bis 2009 lebte Heck im badischen Lauf südlich von Baden-Baden in einem Barock-Schloss, dann zog er mit seiner zweiten Ehefrau Ragnhild (seit 1976 verheiratet) in die spanische Hafenstadt Águilas am Mittelmeer. Am 12. Januar 2013 wird Heck wieder im deutschen Tv zu sehen sein. Ab 20.15 Uhr ist er Gast in der Sendung "Andrea Berg — Die 20 Jahre Show", die von der ARD gezeigt wird.

(RP/das/nbe)
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