Paris Ein Leben für Winnetou

Paris · Seine Bekanntheit verdankte er der Rolle des Apachen-Häuptlings. Jetzt starb Pierre Brice mit 86 Jahren. Fans und auch Kollegen bleibt der französische Schauspieler unvergessen.

Pierre Brice – der ewige "Winnetou"
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Pierre Brice – der ewige "Winnetou"

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Foto: dpa, bsc

Sein Filmtod war für seine Fans ein traumatisierendes Ereignis: Bandit Rollins (Rik Battaglia) tötete Winnetou mit nur einem Schuss. Der Protest nach der Uraufführung von "Winnetou III" 1965 war so groß, dass der edle Apachenhäuptling, der in den Armen von Old Shatterhand (Lex Barker) starb, für kurze Zeit wieder auferstehen durfte. Bis 1968 kam er mit neuen Abenteuern auf die Leinwand zurück. Nun ist Pierre Brice, der Mann, der mit dieser Rolle zeitlebens untrennbar verbunden war, "in den ewigen Jagdgründen". Louis Le Bris alias Pierre Brice starb am Samstag im Alter von 86 Jahren in einem Krankenhaus bei Paris in den Armen seiner Frau Hella, teilte sein Management mit. Der Schauspieler erlag den Folgen einer Lungenentzündung.

Winnetou stand für das Lebensgefühl einer ganzen Generation, die sich nach Romantik, Frieden und Freiheit sehnte. Ihr lebten Winnetou und Old Shatterhand (Lex Barker) als Blutsbrüder ein Freundschaftsideal vor; zugleich entführten sie in eine moralisch sauber sortierte Abenteuerwelt. "Winnetou", das war hochemotionales Kino in einer pittoresken Kulisse - gedreht wurde im damaligen Jugoslawien. Millionen Zuschauer ließen sich schon beim Erstling "Schatz im Silbersee" (1962) für zwei Stunden in den imaginären Wilden Westen entführen.

Zurückblickend erzählte der Schauspieler in einem Interview, er habe rund 80 Mal vor der Kamera gestanden. Und doch: "Elf Filme davon sind die wichtigsten." Es sind die Karl-May-Verfilmungen, die ihn als Winnetou auf Hengst Iltschi durch die Grassteppe Kroatiens reiten ließen. Anfangs hatte Pierre Brice keine Lust gehabt, einen Indianer zu spielen. Bereut hat er die Wahl der für ihn rund 50 Jahre seines Lebens prägenden Rolle nie, selbst später nicht, als er für die Freilichtspiele ritt. "Ich hatte ja schon vorher in vielen Filmen gespielt, bin in Italien sogar ausgezeichnet worden. Aber nie in meinem Leben hatte ich eine erfolgreichere, fantastischere Rolle. Mehr kann man nicht erwarten", sagte er vor gut zehn Jahren. Brice bekam weit mehr als nur eine Rolle geschenkt - nämlich die anhaltende Liebe eines riesigen Publikums. Die Jungen und Männer verehrten ihn: Welcher Junge, der in den 1960er und 1970er Jahren aufwuchs, wollte nicht sein wie Winnetou? Und die Frauen verloren sich in Pierre Brice' blauen Augen.

56 Mal zierte Brice das Titelbild der "Bravo". Selten sonst hat der deutsche Film einen so großen Einfluss auf die Alltagskultur gehabt. In seinem Heimatland hingegen war Brice für manche Medien der "berühmte Unbekannte des französischen Kinos". Denn bekannt war Brice vor allem in Deutschland. Seine Karriere begann nach einem Debüt als Model in den 1950er Jahren mit kleinen Rollen für Film und Theater, einigen Erfolgen in Italien und Spanien. Der spanische Film "Los atracadores" brachte ihn 1962 zur Berlinale nach Berlin. Was seinen Erfolg begründete? Darauf gab er selbst mal eine Antwort: Die Deutschen hätten sich nach dem Krieg wohl nach Romantik und Werten gesehnt. Dafür stünden Winnetou und die Karl-May-Filme.

An seiner Seite waren viele deutsche Schauspieler wie die damals noch weitgehend unbekannte Uschi Glas als Apanatschi, Götz George als deren Verehrer, Ralf Wolter in der Rolle des Sam Hawkens oder Mario Adorf, der als Mörder von Winnetous Vater und seiner Schwester Nscho-tschi zum Bösewicht erster Klasse wurde. "Er hätte ruhig noch zehn Jahre dranhängen können", sagte Glas dem "Focus".

In seiner Heimat wohnte der Franzose in einem Landhaus bei Paris, umgeben von Pferden und Hunden. "In Frankreich vergesse ich, dass ich Winnetou gespielt habe", sagte er einmal. In Deutschland bleibt er für immer der Häuptling der Herzen.

(jis/RP)
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