Alle Bildung und Hochschule-Artikel vom 05. Januar 2004
Plänen für Elite-Uni treffen auf Skepsis

Goppel wirft SPD Heuchelei vorPlänen für Elite-Uni treffen auf Skepsis

Bonn (rpo). Die Pläne der SPD, deutsche Elite-Hochschulen nach Vorbild der USA oder Großbritanniens ins Leben zu rufen, treffen auf Kritik. Sowohl die Grünen als auch die Hochschulrektorenkonferenz reagierten mit Zurückhaltung und Skepsis. Der bayerische Wissenschaftsminister Thomas Goppel wirft der SPD gar Heuchelei vor.Skepsis sei angebracht, wenn die Politik die Entstehung einer solchen Hochschule steuern wolle, sagte die Generalsekretärin der Hochschulrektorenkonferenz, Christiane Ebel-Gabriel, am Montag der Nachrichtenagentur AFP in Bonn. Diese könne sich nur im freien Wettbewerb entwickeln. Der SPD-Vorstoß sei aber zu begrüßen, weil er zeige, dass die Förderung der Wissenschaft "politische Priorität" habe. "Deutschland braucht wissenschaftliche Elite, aber nicht unbedingt eine Elite-Universität", betonte Ebel-Gabriel. Es müsse Entwicklungschancen für alle Hochschulen geben. Die Stärke des deutschen Systems liege darin, "dass es über das ganze Land hinweg Universitäten mit erkennbaren Stärken gibt."Bütikofer: Ein Harvard allein würde Probleme nicht lösenDie Grünen betrachten die SPD-Pläne zur Schaffung von Elite-Universitäten in Deutschland mit Skepsis. Die Diskussion über das Bildungswesen dürfe sich nicht auf solche Einrichtungen reduzieren, sagte Parteichef Reinhard Bütikofer am Montag vor Journalisten in Berlin. "Wenn wir ein deutsches Harvard hätten und alles andere würde bleiben, wie es ist, hätten wir das Problem nicht gelöst." Es bestehe die Notwendigkeit, "in der ganzen Breite besser zu werden". Bütikofer verwies darauf, dass die als Elite-Einrichtungen geltenden Universitäten in anderen Ländern nicht als solche gegründet worden seien, sondern sich dazu entwickelt hätten. Bütikofer kündigte zugleich an, dass die Themen Bildung, Wissenschaft und Forschung zu den Schwerpunkten von Grünen-Politik im neuen Jahr gehören sollten. Innovationen müssten sich aus Sicht der Grünen an dem Grundsatz der Nachhaltigkeit orientieren. Sie müssten zudem sozial, ökonomisch und ökologisch sein. Goppel wirft SPD Heuchelei vorDer bayerische Wissenschaftsminister Thomas Goppel hat SPD-Fraktionschef Franz Müntefering und Generalsekretär Olaf Scholz als "Wendehälse" und Heuchler kritisiert. Ihr Vorschlag zur Gründung einer Elite-Universität entlarve die Alt-68er als Verzweiflungstäter, "die mit 35 Jahren Verspätung Einsicht heucheln, während sie in Berlin den Hochschulbau aushungern", sagte der CSU-Politiker am Montag in München. Die Bundesregierung habe 2003 angekündigt, ihre Mittel für den Hochschulbau bis 2007 um ein Drittel zu kürzen. Außerdem habe sie die billigere Juniorprofessur eingeführt. Wer Eliten Jahrzehnte lang verteufelt und zerstört habe, könne sich nicht plötzlich zum wortreichen Retter einer neuen Qualitätsbildung hochstilisieren, sagte Goppel.

Harvard für Deutschland

SPD-Pläne für Elite-UniversitätenHarvard für Deutschland

Berlin (rpo). Auch Deutschland soll sich nach Plänen der SPD künftig mit Elite-Universitäten nach amerikanischen Vorbild profilieren. Nach einem Bericht der "Berliner Zeitung" soll sich mindestens eine Universität als internationale Spitzenhochschule neben renommierten Unis wie Harvard und Stanford etablieren. Zugleich forderten Bundespräsident Johannes Rau sowie Vertreter von Regierung und Opposition am Wochenende maßgebliche Schritte, um die Leistungsfähigkeit der deutschen Hochschulen entscheidend zu verbessern. SPD-Fraktionschef Franz Müntefering forderte die Einrichtung von „Hochleistungsuniversitäten“. Es dürfe nicht sein, „dass wir den erstklassigen Hochschulen in England oder in den Vereinigten Staaten scheinbar oder anscheinend nichts Adäquates entgegenzusetzen haben“. Zugleich wolle die SPD verstärkt auf zukunftsorientierte Fächer setzen. „Bei den Universitäten werden wir mehr Wert auf die Naturwissenschaften und die Ingenieursfächer legen. Wenn wir keine Innovation mehr haben, verliert Deutschland seine Kraft“, sagte Müntefering. Rüttgers lehnt Elite-Uni abDer nordrhein-westfälische CDU-Vorsitzende Jürgen Rüttgers lehnt Pläne der SPD-Spitze zur Schaffung einer deutschen Elite-Universität als „verfehlt“ ab. Die Forderungen seien „keine Antwort auf Überbelegung und Unterfinanzierung“ der deutschen Universitäten, sagte der stellvertretende Bundesvorsitzende der Partei am Montag in Düsseldorf. „Eine Elite-Universität allein ist kein Konzept“, fügte er hinzu. Das nordrhein-westfälische Wissenschaftsministerium reagierte zurückhaltend auf den Vorstoß. Ein Sprecher von Landeswissenschaftsministerin Hannelore Kraft (SPD) sagte der Rheinischen Post (Montagausgabe), man müsse sich die Pläne „erst einmal genau ansehen“. Noch sei das Konzept „nicht klar genug erkennbar“. Er gab zugleich zu bedenken, dass es in den USA mit Elite-Universitäten wie Harvard „eine viel ausgeprägtere Stiftungskultur“ gebe als in Deutschland. Entsprechend üppig sei das dort vorhandene Stiftungskapital.Neue Leitlinien zur Innovations- und BildungspolitikDer SPD-Vorstand will den Angaben zufolge auf einer Klausurtagung am Montag und Dienstag in Weimar neue Leitlinien zur Innovations- und Bildungspolitik beraten. Danach soll die Struktur der Hochschullandschaft gemeinsam mit den Bundesländern so verändert werden, dass sich mindestens eine Universität in Deutschland neben den Top-Adressen in den USA behaupten kann. Nach Auffassung der SPD-Führung müssten mehr Anreize geschaffen werden, damit Spitzenforscher an den deutschen Universitäten bleiben oder ins Land kommen. Die Technologie- und Forschungspolitik des Bundes solle zudem auf Schwerpunkte konzentriert werden. Genannt würden unter anderem die Entwicklung eines Internets der zweiten Generation sowie von energiesparenden und umweltverträglichen Fahrzeugen, Antrieben und Verkehrsleitsystemen. Insgesamt solle der Anteil der Aufwendungen für Forschung und Entwicklung von heute 2,5 Prozent bis zum Jahr 2010 auf drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts gesteigert werden. Bundespräsident Rau betonte, Deutschland brauche „auf Dauer mehr Spitzenleistung“. Deutschland sei „zwar Exportweltmeister. Aber das sind wir vor allem durch den Automobil- und Maschinenbau und noch zu wenig bei Produkten, die wissenschaftliche Höchstleistungen voraussetzen“. Deutschland habe über zwei Millionen Studenten. Gemessen an der Bevölkerung sei das aber „weit unter dem Durchschnitt der Wirtschaftsnationen“. FDP-Vize Walter Döring beklagte indes die Abwanderung deutscher Akademiker ins Ausland und forderte Anreize für ihre Rückkehr. Deutschland verliere seine klügsten Köpfe. „Wir brauchen ein milliardenschweres Rückholprogramm für unsere abgewanderten Eliten“, verlangte Döring.