Nanotechnik unter der Haut So funktioniert der Farbwechsel bei Chamäleons wirklich

Genf · Chamäleons können ihre Farbe situationsbedingt verändern - und faszinieren mit dieser Fähigkeit nicht nur Wissenschaftler. Wie ihnen der Farbwechsel gelingt, haben Forscher nun erstmals aufgedeckt: Nicht Pigmente, sondern Nanokristalle stecken hinter dem Faszinosum.

Bei den meisten anderen Tieren, die ihre Farbe ändern können, sorgen Veränderungen der Konzentration des Pigments Melanin für hellere oder dunklere Farben. Forscher gingen lange davon aus, das sei auch beim männlichen Chamäleon der Fall.

Zumindest die meisten Chamäleons erreichen ihre Farbwechsel jedoch mit Hilfe besonderer Nanokristalle. Die winzigen Strukturen ähneln denen, die die Farben auf Schmetterlingsflügeln hervorbringen, berichten Wissenschaftler im Fachjournal "Nature Communications".

"Wir waren sehr erstaunt", sagte der Biologe Michel Milinkovitch von der Universität Genf der Nachrichtenagentur AFP. Statt Pigment-Veränderungen finde in der Haut der Chamäleons etwas völlig anderes statt, nämlich ein echter, physikalischer Prozess. Milinkovitch und seine Kollegen nahmen ein Pantherchamäleon unter die Lupe.

Pantherchamäleons (Furcifer pardalis) leben auf der Insel Madagaskar im Südosten Afrikas. Die großen, bunten Tiere zählen zu den beliebtesten Chamäleonarten für Terrarien. Die Forscher hatten für ihre Analyse Gewebeuntersuchungen, Elektronenmikroskopie und Wellenlängenmessungen mit der Computermodellierung des Verhaltens von Elektronen im Festkörper kombiniert. Untersucht wurde das Farbenspiel mehrerer Männchen, Weibchen und Jungtiere.

Nicht nur Farbveränderung, sondern auch Hitzeschutz

Beim Pantherchamäleon gebe es sogar zwei übereinanderliegende Schichten von Hautzellen - sogenannter Iridophoren - mit einem Netz von Nanokristallen, schreiben die Forscher um Michel Milinkovitch und Dirk van der Marel von der Universität Genf. Beide Schichten besitzen demnach Molekülblöcke aus der Substanz Guanin, die so angeordnet sind, dass sie einfallendes Licht auf eine bestimmte Weise reflektieren. In den tieferen Hautschichten sind die Kristalle größer und weniger strukturiert angeordnet, so das Ergebnis.

Die Chamäleons seien in der Lage, die Zwischenräume zwischen den Guaninblöcken zu vergrößern oder zu verkleinern - womit sich jeweils der Farbeindruck ändere. Bei einem ruhigen Chamäleon seien die Nanokristalle in einem engen Netz angeordnet und reflektierten die blaue Wellenlänge. Bei Aufregung lockere sich das Kristallgitter, gelbe oder rote Farbtöne seien die Folge.

"Die Anordnung von Iridophoren in zwei übereinander liegenden Schichten ist eine evolutionäre Neuerung", schreiben die Forscher. Sie erlaube den Reptilien nicht nur, zwischen einem Tarnmantel und einem spektakulären Erscheinungsbild zu wechseln, sondern stellten auch einen passiven Hitzeschutz dar. Als nächstes wollen die Wissenschaftler nun den Mechanismus entschlüsseln, mit dem die Tiere die Nanokristallgitter - und damit ihre Farbe - verändern.

(dpa)
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