Aktivisten melden wieder Bombardierung von Homs UN schicken Beobachter nach Syrien

Damaskus · Die Vereinten Nationen schicken Militärbeobachter nach Syrien, um den Truppenabzug aus den Städten und die Waffenruhe zu überwachen. Ein Erkundungsteam soll umgehend nach Syrien reisen, um den Beobachtereinsatz vorzubereiten. Das beschloss der UN-Sicherheitsrat am Samstag in New York. Aktivisten zufolge wird die Waffenruhe von den syrischen Truppen nicht eingehalten.

Das Papier, das auch die deutsche Handschrift trägt, ist die erste UN-Resolution zu Syrien seit Beginn der Proteste gegen die Staatsführung vor 13 Monaten. Waffenruhe und Truppenrückzug gehören zum Sechs-Punkte-Plan des UN-Sondergesandten Kofi Annan. Der Plan wurde von der syrischen Regierung und der Opposition akzeptiert.

250 Beobachter reisen nach Syrien

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon erklärte, er werde sicherstellen, dass das Vorausteam sobald als möglich entsandt werde. Er geht davon aus, dass die Beobachtermission etwa 250 Mitglieder haben werde. Ban zeigte sich nach der Mitteilung der Vereinten Nationen sehr besorgt darüber, dass mindestens eine Million Menschen innerhalb Syriens durch den Konflikt vertrieben worden seien.

Die UN-Nothilfekoordinatorin Valerie Amos werde für kommenden Freitag in Genf ein Forum einberufen. Dort sollen die notwendigen Finanzmittel mobilisiert werden, um für alle Bedürftigen die notwendige humanitäre Hilfe zu organisieren, erklärte Ban weiter.

Außenminister Guido Westerwelle begrüßte, dass sich der Sicherheitsrat "erneut geschlossen hinter den Friedensplan von Kofi Annan gestellt hat". Mit der Waffenruhe sei ein erster Schritt gemacht, dem viele weitere folgen müssten. Westerwelle forderte die syrische Regierung auf, von jeder Gewalt Abstand zu nehmen und "der Beobachtermission keine Steine in den Weg zu legen".

Der oppositionelle Syrische Nationalrat nannte die Entscheidung lange überfällig. Auf seiner Internetseite schrieb der Nationalrat, dies sei ein erster wichtiger Schritt, den die internationale Gemeinschaft unternommen habe, um ihre Verantwortung für den Schutz des syrischen Volkes wahrzunehmen. Das Regime habe immer noch nicht seine schweren Waffen und Panzer aus bewohnten Gebieten abgezogen. Die internationale Gemeinschaft dürfe nicht auf Täuschungen des Regimes hereinfallen.

Experten wollen mit allen Seiten sprechen

Der Sicherheitsrat rief Syrien auf, die Sicherheit des Einsatzes "ohne Beeinträchtigung der Bewegungs- und Zugangsfreiheit zu garantieren". Die unbewaffneten Experten des Erkundungsteams sollen mit den syrischen Konfliktparteien Kontakt aufnehmen und über die Umsetzung einer vollständigen Einstellung des Waffeneinsatzes berichten. Sie wurden schon vor Tagen ausgesucht und vorbereitet.

Die Erkunder könnten noch an diesem Wochenende nach Syrien aufbrechen. Die offiziellen Beobachter sollen folgen, sobald die seit Donnerstag geltende Waffenruhe weitgehend stabil ist und das Regime die schweren Waffen aus den Wohngebieten abgezogen hat.

Weg zum Frieden ist noch weit

Kurz vor der Ankunft der ersten UN-Beobachter wird die Waffenruhe offenbar nicht eingehalten. Wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London mitteilte, wurde am Sonntag die Protesthochburg Homs erneut von der Armee bombardiert. Der Beschuss, der bereits am Samstag begonnen hatte, sei der heftigste seit Beginn der Waffenruhe vor vier Tagen, sagte der Chef der Beobachtungsstelle, Rami Abdel Rahman. Im Stadtviertel Chaldije schlugen seinen Angaben zufolge drei Geschosse pro Minute ein.

Wie die Beobachtungsstelle weiter mitteilte, gab es am Sonntag zudem heftige Gefechte zwischen Soldaten und Deserteuren. Die Kämpfe begannen demnach bei Tagesanbruch in der Provinz Aleppo.

Schon am Samstag hätten die Streitkräfte in 81 Fällen die Waffenruhe gebrochen und 20 Menschen getötet, berichteten die Koordinierungskomitees, die Gewalttaten in Syrien dokumentieren. Alleine in Homs in Mittelsyrien habe es elf Tote gegeben. Im Damaszener Vorort Al-Damir seien bei der Explosion eines Autos ein Mensch getötet und zwei weitere verletzt worden, berichtete das Syrische Zentrum zur Beobachtung der Menschenrechte.

Von Waffenruhe keine Rede

Die syrische Nachrichtenagentur Sana berichtete, ein Offizier der Streitkräfte sei in der Provinz Hama verschleppt worden. Der Hauptmann sei in seinem Auto von "bewaffneten Terroristen" angehalten worden, die eine politische Konfliktlösung verhindern wollten. Die oppositionelle Freie Syrische Armee hat zwar die Waffenruhe akzeptiert, doch halten sich offenbar nicht alle Regimegegner daran.

Währenddessen sollen Aktivisten eine große Waffenlieferung an das syrische Regime von Präsident Baschar al-Assad verhindert haben. Die Bundesregierung prüft Berichte, wonach ein deutsches Schiff mit den Waffen Richtung Syrien unterwegs gewesen sein soll. Die Waffen stammten vermutlich aus dem Iran und sollen mit mehreren Schiffen nach Dschibuti gebracht worden sein. Die Aktivisten machten die Waffenlieferung publik; wenig später drehte das Schiff ab. Es hatte zunächst Kurs auf Syrien genommen.

Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums sagte am Samstag auf Anfrage in Berlin, die Bundesregierung gehe allen Hinweisen auf Verstöße gegen das Waffenembargo nach. Dabei nutze sie alle Einflussmöglichkeiten. Nach derzeitiger Kenntnis der Bundesregierung habe ein deutscher Eigentümer das Schiff verchartert. Das Charter-Unternehmen wiederum habe das Schiff unter die Flagge eines Drittstaates gestellt.

Der Frachter hatte nach Angaben der syrischen Oppositionellen 7200 Tonnen Waffen sowie Munition an Bord. Er habe aus Dschibuti kommend am Freitag Kurs auf den syrischen Hafen Tartus genommen, wo er am Samstagmittag hätte eintreffen sollen. Am Samstag änderte die "Atlantic Cruiser" jedoch nach Informationen von Ortungsdiensten ihren Kurs.

In Syrien wird auch kurz vor der Ankunft der ersten UN-Beobachter die Waffenruhe nicht eingehalten. Wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London mitteilte, wurde am Sonntag die Protesthochburg Homs erneut von der Armee bombardiert. Der Beschuss, der bereits am Samstag begonnen hatte, sei der heftigste seit Beginn der Waffenruhe vor vier Tagen, sagte der Chef der Beobachtungsstelle, Rami Abdel Rahman. Im Stadtviertel Chaldije schlugen seinen Angaben zufolge drei Geschosse pro Minute ein.

Wie die Beobachtungsstelle weiter mitteilte, gab es am Sonntag zudem heftige Gefechte zwischen Soldaten und Deserteuren. Die Kämpfe begannen demnach bei Tagesanbruch in der Provinz Aleppo.

Die Waffenruhe ist Teil eines Sechs-Punkte-Plans des internationalen Syrien-Sondergesandten Kofi Annan. Seit ihrem Inkrafttreten am Donnerstag ist sie jedoch brüchig. Nach Angaben der Beobachtungsstelle wurden seitdem mindestens 32 Menschen getötet. Nach dem Beschluss des UN-Sicherheitsrats über eine Beobachtermission zur Überwachung der Waffenruhe werden noch am Sonntag die ersten Mitglieder eines Vorausteams in Syrien erwartet.

(dpa)
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