Parteispitzen stellen Konsenskandidaten vor Merkel preist Gauck als "Demokratielehrer"

In einer großen Runde stellten am Sonntagabend die Parteispitzen von CDU, CSU, SPD, FDP und Grünen ihren Konsenskandidaten für das Amt des Bundespräsidenten vor. Vorschusslorbeeren gab es für Joachim Gauck zuhauf. Der zeigt sich tief bewegt und voller Demut.

Parteispitzen feiern sich und Kandidat Gauck
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Joachim Gauck wird neuer Bundespräsident. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gab ihren Widerstand gegen den Favoriten von SPD und Grünen auf. Die Koalition habe sich mit Rot-Grün auf den früheren DDR-Bürgerrechtler geeinigt, um einen überparteilichen Kandidaten zu finden, sagte Merkel am Sonntagabend bei einer gemeinsamen Pressekonferenz der Parteichefs.

Der sichtlich bewegte Gauck kündigte dort an, er wolle den Deutschen vermitteln, dass sie "in einem guten Land leben, das sie lieben können".

Gauck bat sichtlich bewegt mehrfach um Verzeihung für seine Rührung. Eine Grundsatzrede könne er jetzt noch nicht halten. Ein klares Ziel gab er jedoch bereits aus: "Die Nähe von Menschen, die Ja sagen zur Verantwortung, die es überall gibt in unserem Land, nicht nur auf der politischen Ebene, dies wird meine Hauptaufgabe sein." Eine vollständige Dokumentation seiner Ansprache finden Sie >>>hier.

Merkel bezeichnete Gauck als "wahren Demokratielehrer", der wichtige Impulse für Globalisierung, die Lösung der Schuldenkrise und mehr Demokratie geben könne. Damit werden bald zwei Ostdeutsche an der Spitze des Staates stehen.

Gauck sagte auf der Pressekonferenz, er sei kein "Supermann" und müsse sich die Vorschußlorbeeren erst verdienen. Er sei überwältig und verwirrt. Der Anruf der Kanzlerin habe ihn im Taxi erreicht, sagte der Theologe. Bei der Annahme der Kandidatur für das Staatsoberhaupt habe ihm unglaublich geholfen, dass die Koalition, SPD und Grüne sich zusammengefunden hätten. An Merkel persönlich gerichtet sagte Gauck, das Wichtigste für ihn sei immer gwesen, dass sie ihm Vertrauen und Hochachtung gezollt habe.

Merkel betonte, Gaucks Lebensthema sei die "Idee der Freiheit in Verantwortung". Dies verbinde sie als Ostdeutsche - "bei aller Verschiedenheit" - mit Gauck. "Unsere Sehnsucht nach Freiheit hat sich 1989/90 erfüllt."

SPD-Chef Sigmar Gabriel meinte: "Ende gut, alles gut." Gauck könne die Kluft zwischen Bürgern und politischer Klasse schließen. CSU-Chef Horst Seehofer bezeichnete die Kür Gaucks als "gute Entscheidung für Deutschland. "Sie haben das Vertrauen der CSU und der Bayern."

FDP-Chef Philipp Rösler betonte, Gauck könne verlorenes Vertrauen in das Bundespräsidentenamt zurückgeben. Grünen-Chefin Claudia Roth sagte, Gauck sei schon 2010 der grüne Kandidat gewesen und könne in Zeiten von Rechtsterror in Deutschland viel bewegen: "Joachim Gauck ist jemand, der Demokratie wieder Glanz verleihen kann."

Zuvor stand die Koalition - mitten in der Euro-Schuldenkrise - am Rande eines Scheiterns. Merkel machte innerhalb der Unionsspitze deutlich, dass sie Gauck, der 2010 gegen den am Freitag zurückgetretenen Christian Wulff verloren hatte, nicht unterstützen wolle. Die FDP-Spitze um Philipp Rösler hielt aber an Gauck fest.

Damit hätte die Union in der Bundesversammlung, die den Präsidenten wählt, keinen eigenen Kandidaten durchbringen können.

Gauck ist nach mehreren Umfragen klarer Favorit der Bürger. Rund jeder Zweite hält ihn für geeignet.

Die FDP hatte sich völlig überraschend einstimmig hinter Gauck gestellt und damit die Union düpiert.

(dpa)
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