Die CSU und das Sprachdiktat für Migranten So abstrus können Politiker-Forderungen sein

Berlin · "Absurd", "Schmarrn", "menschenfeindlich" – die CSU hat für ihre Forderung, Migranten sollten auch daheim Deutsch sprechen, viel Kritik und Spott geerntet. Es ist allerdings nicht das erste Mal in der bundesdeutschen Geschichte, dass die Partei wegen einer Forderung Kopfschütteln erntet. Und Politiker anderer Parteien stehen dem in nichts nach.

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Foto: dpa

"Absurd", "Schmarrn", "menschenfeindlich" — die CSU hat für ihre Forderung, Migranten sollten auch daheim Deutsch sprechen, viel Kritik und Spott geerntet. Es ist allerdings nicht das erste Mal in der bundesdeutschen Geschichte, dass die Partei wegen einer Forderung Kopfschütteln erntet. Und Politiker anderer Parteien stehen dem in nichts nach.

Schon vor der Sitzung des Parteivorstandes der CSU am Montag sprachen sich führende CSU-Politiker dafür aus, die Formulierung im Leitantrag der Partei abzuschwächen. Im Entwurf ist bislang zu lesen: "Wer dauerhaft hier leben will, soll dazu angehalten werden, im öffentlichen Raum und in der Familie deutsch zu sprechen." Das hatte am Wochenende für viel Kritik gesorgt — auch in den eigenen Reihen.

Als "komplett bescheuert" bezeichnete etwa SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi die Forderung und warf der CSU zugleich vor, dass sie offensichtlich zur "neuen Verbotspartei" werden wolle. Dieser Vorwurf kommt nicht von ungefähr, denn als die Grünen die Idee des Veggie Days aufbrachten (gefordert wurde ein fleischfreier Tag in Kantinen), hatte CSU-Chef Horst Seehofer erklärt, dass sich eine Partei aus den privaten Angelegenheiten herauszuhalten habe. Mit dem Vorstoß einer Deutschpflicht für Migranten Zuhause stoßen die Christsozialen aber genau in diese Privatsphäre vor. Und erntet dafür entsprechend Kopfschütteln.

Doch es ist nicht das erste Mal, dass Politikerforderungen für Kopfschütteln sorgen. Insbesondere in den mageren Sommerzeiten, wenn das Parlament urlaubt, wagen sich vor allem Politiker der zweiten und dritten Reihe aus der Deckung und überschwemmen die Republik mit mitunter abstrusen Forderungen. Manche wirken einfach nur albern, manche empörend. Ganz vorne mit dabei: die CSU.

IQ-Tests für Zuwanderer

So hatte schon einmal eine Forderung in Bezug auf Zuwanderer für Aufregung gesorgt. Das war im Jahr 2010, beteiligt daran war ein CDU- und ein CSU-Politiker. Der damalige innenpolitische Sprecher der Berliner CDU, Peter Trapp, und der damalige Chef der CSU-Europagruppe, Markus Ferber hatten IQ-Tests für Zuwanderer gefordert — was die Bundesregierung scharf zurückwies, als "diskriminierend" wurde die Forderung gewertet.

1996 wiederum war es Norbert Geis, der angesichts steigender Jugendkriminalität einen Vorschlag machte — nämlich den eines abendlichen Ausgehverbots ab 21 Uhr für Kinder unter 14 Jahren. Das erwies sich zwar als nicht mit der Verfassung vereinbar. Doch endgültig verschwand der Vorschlag damit nicht in der Schublade. 2004 kramte ihn Markus Söder — damals CSU-Generalsekretär, heute bayerischer Finanzminister — wieder hervor, wollte das Verbot sogar ab 20 Uhr. Ein paar Jahre zuvor — und zwar 1998 — hatte Söder zudem gefordert, schlechten Eltern das Kindergeld zu entziehen. Wie das definiert werden sollte, ließ er allerdings offen.

Eine weitere Forderung aus den Reihen der CSU kam im Jahr 2000 vom Bundestagsabgeordneten Benno Zierer. Er forderte, straffällige Hooligans ins Arbeitslager zu stecken. Doch nicht nur die bayerische Partei sorgte in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten mit bestimmten Forderungen für Kritik und Spott. Auch CDU, SPD, Grüne und FDP hatten schon so manchen Vorschlag, der auf wenig Gegenliebe stieß.

Fußfesseln für Schulschwänzer und Sonderabgabe für Dicke

Da war etwa der frühere brandenburgische Innenminister Jörg Schönbohm (CDU). Er forderte einst Fußfesseln für Schulschwänzer. Und 2006 forderten der SPD-Politiker Klaus-Uwe Benneter und der Grünen-Politiker Christian Ströbele die Einführung einer Siesta auch in Deutschland. Auch Gabriele Pauli, damals noch CSU-Landrätin, hatte es mit ihrem Vorschlag, die Ehe auf sieben Jahre zu befristen, vor einigen Jahren in die Schlagzeilen geschafft.

Die Palette der absurden Ideen, die insbesondere im Sommer aufkommen, drehen sich aber sehr oft auch um eines: die Ernährung und die Folgen ungesunden Essens. Da stehen die Grünen mit ihrem Veggie Day nicht allein da. 2010 etwa forderte der FDP-Politiker Erwin Lotter ein Fast-Food-Verbot für Kinder. Aus den Reihen der SPD wiederum kam 1994 die Forderung nach einer Schoko-Steuer. Und der CDU-Politiker Marco Wanderwitz verlangte 2010 eine Sonderabgabe für Übergewichtige.

Die GEZ-Gebühren im Sommer halbieren (junge Liberale) oder Zeitreisen erforschen (Piraten) sind weitere Vorschläge der vergangenen Jahre. Und der Klassiker ist die wohl älteste Sommerloch-Forderung, Mallorca als 17. Bundesland einzugemeinden.

Viele dieser abstrusen Forderungen hatten nie eine Chance auf Verwirklichungen und kamen wie gesagt aus den eher hinteren Reihen der Parteien. Die jetzige Forderung der CSU aber steht im Entwurf eines Leitantrages der Partei selbst und muss daher durchaus ernst genommen werden. Und so kommentierte auch Fahimi den Antrag mit den Worten: "Zum Schreien komisch, wenn es nicht so brandgefährlich wäre."

(das)
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