Schönheitsoperationen bei Jugendlichen Ein "neuer" Busen zum Abitur?

Frankfurt/Main (RPO). In den USA ist die Brust-OP mittlerweile kein seltenes Geschenk zum Schulabschluss. Kinder- und Jugendärzte warnen davor, dass dieser Trend auf Deutschland überschwappen könnte. Gesundheitspolitiker von CDU/CSU und SPD fodern nun ein gesetzliches Verbot von Schönheitsoperationen an Kindern und Jugendlichen. Plastische Chirurgen warnen vor Panikmache.

Am Mittwoch befasst sich der Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestags in einer öffentlichen Anhörung mit dem Thema. Hintergrund ist ein gemeinsamer Antrag von Politikern von sowohl CDU/CSU als auch SPD mit dem Ziel, Missbräuche bei Schönheitsoperationen von sowohl Minderjährigen als auch Erwachsenen zu verhindern.

Mehr als eine Million Menschen aus Deutschland sollen sich nach Schätzungen derzeit pro Jahr einer Schönheitsoperation unterziehen, wie es in dem Antrag heißt. Etwa zehn Prozent von ihnen, also rund 100.000, seien jünger als 20 Jahre. Amtliche Zahlen dazu gibt es nicht.

Gerade die Entwicklung bei den Kindern und Jugendlichen beunruhigt die Parlamentarier. Nach einer Umfrage des Kinderbarometers der LBS-Initiative "Junge Familien" wünschen sich 20 Prozent der 9- bis 14-Jährigen eine Schönheits-OP.

Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach, der auch zu den Antragstellern gehört, sieht ein "verirrtes Schönheitsideal" als treibende Kraft. Kinder würden schon sehr früh darauf vorbereitet, Idealfigur zu entwickeln, und träumten davon, Model zu werden, sagte er am Montag im NDR.

Ein gesetzliches Verbot ist nach seiner Einschätzung unumgänglich, weil es zu wenig Selbstbeschränkung der Ärzte gebe. Es gehe dabei nicht um medizinisch notwendige Operationen, sondern um echte Schönheitseingriffe wie Brustvergrößerungen, Brustverkleinerungen oder Fettabsaugungen. "So etwas müsste schlicht und ergreifend bei unter 18-Jährigen verboten sein und auch unter Strafe stehen für die Chirurgen, die das machen", forderte Lauterbach.

Empfehlung des Europäischen Parlaments nicht bindend

Zwar gibt es seit 2002 eine Empfehlung des Europäischen Parlaments, Brustimplantationen bei Frauen unter 18 Jahren nur aus medizinischen Gründen zu erlauben. Tatsächlich sind solche Eingriffe aber in Deutschland weiterhin unter der Voraussetzung erlaubt, dass die Eltern oder Erziehungsberechtigten zustimmen. Eine vorherige medizinische Begutachtung muss nicht erfolgen.

Für die Sprecherin der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen, Kerstin van Ark, ist diese Regelung auch völlig ausreichend: "Wir gehen davon aus, dass sich die Eltern und die Ärzte ihrer Verantwortung bewusst sind", sagte sie am Montag der AP, vorausgesetzt, es handele sich um Fachärzte.

"Ästhetische Chirurgie" auf dem Praxisschild

Ein viel größeres Problem für sie ist die auch von den Gesundheitspolitikern kritisierte Tatsache, dass praktisch jeder Arzt, und damit auch jemand ohne entsprechende Zusatzausbildung und Erfahrung, schönheitschirurgische Eingriffe vornehmen darf. Für die Patienten sei es auf den ersten Blick schwer zu erkennen, ob ihr Operateur sich in einer sechsjährigen Weiterbildung den Titel "Facharzt für plastische/ästhetische Chirurgie" oder "Facharzt für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie" erworben habe oder sich schlicht "Ästhetische Chirurgie" aufs Praxisschild geschrieben habe.

Van Ark verwies auf Spanien, wo gesetzlich geregelt ist, dass nur Plastische Chirurgen ästhetische Eingriffe vornehmen dürfen. In Deutschland sei eine solche Regelung zwar unter anderem wegen des komplizierten Berufsrechts kaum möglich. Immerhin müssten zum Schutz der Patienten aber Ärzte, die Schönheitsoperationen in Deutschland durchführen, wenigstens über entsprechende Haftpflichtversicherungen verfügen, diese müssten von den Ärztekammern aber auch kontrolliert werden, forderte sie.

"Seriöse Ärzte werden Jugendliche nicht operieren"

Für die Gesellschaft für Ästhetische Chirurgie Deutschland, einen Zusammenschluss von Ärzten verschiedener Fachrichtungen, die Schönheits-OPs durchführen, ist ein Verbot solcher Eingriffe an Kindern und Jugendlichen ebenfalls kein Thema: "Seriöse Ärzte werden in Deutschland keine Patienten unter 18 Jahren ästhetisch operieren, es sei denn, es handelt sich um Ohrenkorrekturen, die vor allem bei Kindern zu empfehlen sind", erklärte ihr Präsident, Heinz Bull, im vergangenen Jahr.

Ein ganz klares Nein sagte er zu an Brustvergrößerungen oder auch Fettabsaugung bei Minderjährigen, denn "der Körper ist noch nicht fertig entwickelt. Solche Eingriffe werden von uns grundsätzlich abgelehnt. Wenn ein Arzt bei diesen Indikationen operiert, sollte der Patient stutzig werden", riet der Professor.

(ap)
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