Streit um Hartz-IV Koch fordert nun auch Strafen für Arbeitsunwillige

Wiesbaden (RPO). Hessens Ministerpräsident Roland Koch hat im Streit um strengere Arbeitsauflagen für Hartz-IV-Empfänger nachgelegt. Die Jobcenter müssten von Strafen gegen arbeitsunwillige Erwerbslose in der Grundsicherung stärker Gebrauch machen, sagte der stellvertretende CDU-Chef in einem Interview.

Hartz-IV-Urteile des Bundessozialgerichts
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Foto: ddp

"Viele Jobcenter schrecken heute angesichts der zahlreichen Prozesse vor den Sozialgerichten vor Sanktionen zurück", sagte Koch. Die Arbeitsverwaltung müsse daher "verpflichtet werden, Sanktionen auch einzusetzen", sagte Koch gegenüber der Zeitung "Die Welt".

Seine Vorschläge zur Reform der "Hartz IV"-Gesetze hatte Koch gegen heftige Kritik verteidigt. Politiker müssten die "Schwächen und Fehler des Systems ansprechen, die jeder normale Bürger sehen kann". Es sei ihm nicht um eine Pauschalkritik an "Hartz IV"-Empfängern gegangen, stellte Koch am Montag klar. Der Staat habe nun die Aufgabe, Hunderttausende Jobs für Arbeitslose zu schaffen.

Koch hatte am Wochenende gefordert, jedem "Hartz-IV"-Empfänger müsse abverlangt werden, als Gegenleistung für staatliche Unterstützung eine Beschäftigung auszuüben. Niemand dürfe das Leben mit "Hartz IV" als angenehme Variante ansehen. Er hatte zugleich für höhere Hinzuverdienstgrenzen als Anreiz zur Annahme von Arbeit plädiert.

Hessens Innenminister Volker Bouffier (CDU) pflichtete Koch bei: Wer Leistungen vom Staat beziehe, sei auch dazu verpflichtet, selbst eine zu erbringen. "Es geht um die Frage, ob es Menschen gibt, die sich drücken", sagte Bouffier. "Die gibt es." Der hessische CDU-Fraktionschef Christean Wagner forderte, die Gesetze konsequenter anzuwenden. Missbrauch von Sozialleistungen sei "leider allzu oft Realität".

Zustimmung aus Unionskreisen - Kritik von links

Aus Sicht des Unions-Fraktionsvizechefs Michael Kretschmer (CDU) sind arbeitsunwillige Erwerbslose hingegen nicht das Hauptproblem. Wichtiger sei deshalb, Arbeitslosen auf dem ersten Arbeitsmarkt Angebote zu unterbreiten. Kretschmer sprach sich zugleich für eine grundsätzliche Überprüfung von "Hartz IV" aus. Es müsse klar sein, "dass der, der nichts tut, weniger bekommt, als der, der sich um eine Arbeit bemüht". Eine solche Überprüfung dürfe "nicht mit dem erhobenen Zeigefinger passieren."

CSU-Chef Horst Seehofer dagegen erachtet einen weitergehenden Druck auf Langzeitarbeitslose nicht für notwenig. Er verwies auf die "klare" gesetzliche Lage, wonach bei Ablehnung von Jobangeboten Sanktionen möglich seien. Die jetzige Regelung halte er für "gut und ausreichend", sagte Seehofer.

Links-Fraktionschef Bodo Ramelow bezeichnete die Forderungen Kochs als "Unverschämtheit" und unterstellte ihm indirekt, für "Hartz IV"-Empfänger einen "Reichsarbeitsdienst" einführen zu wollen: "Wer öffentlich von Arbeitspflicht und einem Arbeitszwang redet, der meint genau das."

SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte betont, die Ausweitung der Zuverdienstmöglichkeiten schade sowohl der Arbeitsmoral als auch Unternehmen, die Tariflöhne zahlten. Ein Ziel von "Hartz IV" sei auch gewesen, Arbeitslose schneller in Arbeit zu bringen, "und zwar in Arbeit, von der man leben kann". "Und genau da ist nicht genug passiert", rügte Gabriel.

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte davor gewarnt, alle "Hartz-IV"-Empfänger "in eine Ecke" zu stellen und betont: "Das Problem lösen wir nicht, indem wir sie beschimpfen, sondern gezielt helfen."

(DDP/Reuters)
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