Ratingen Lärmschutz: Bahn bremst Bürger aus

Ratingen · Wirksame Hilfe ist für Anwohner in den Ratinger Stadtteilen West, Süd und Lintorf nicht in Sicht.

Ratingen: Lärmschutz: Bahn bremst Bürger aus
Foto: Achim Blazy

Engelbert Sobania, Ludger Rüther und Heiner Jene wissen, was Bahnlärm bedeutet: wenig Schlaf, schlechte Regeneration, Stress pur. Die Bahnen, die an ihren Wohnungen unermüdlich vorbeidonnern, können sie nicht wegzaubern.

Die Güterstrecke ist da — und es muss diese Strecke geben. Doch die Bürger wollen Hilfe, mehr Lärmschutz, ein klares Zeichen seitens der Deutschen Bahn (DB), die in enger Zusammenarbeit mit dem Bund pro Jahr rund 100 Millionen Euro in den Lärmschutz steckt. Doch für die Stadt Ratingen sieht es schlecht aus — dies ist eine wesentliche Botschaft, die Betroffene von der Diskussionsveranstaltung der CDU (Moderation: Ewald Vielhaus und Peter Beyer) mitnahmen.

Dr. Michael Häßler, Leiter Vertrieb und Fahrplan bei der DB Netz AG, versicherte im Angersaal der Dumeklemmerhalle, dass die Bahn bereits viel für den Lärmschutz tue. Acht Ingenieure kümmerten sich in ganz NRW um entsprechende Projekte, erklärte der gelernte Städteplaner, der auch Lärmschutzmaßnahmen in Ratingen aufzählte. Das erste Problem: Ist ein Projekt abgeschlossen, wird die Bahn nicht mehr nachbessern. In den Jahren 2004 und 2008 wurden Lärmschutz-Programme auf Ratinger Gebiet beendet. Das zweite Problem: Geld ist knapp, die Liste der Kommunen, die Lärmschutz einfordern, ist lang. Ratingen kam früh an die Reihe — und wird nun von der Bahn klassisch ausgebremst. Weitere Projekte sind erst einmal nicht in Sicht. Das dritte Problem: Verkehrspolitisch setzt die Koalition im Bund klar auf die Schiene. Dies bedeutet: Es wird deutlich mehr Güterverkehr geben — auch in Ratingen.

Dr. Jens Klocksin, Referatsleiter im Bundesverkehrsministerium, betonte, dass aktiver Lärmschutz teuer sei. Eine Lärmschutzwand, die einen Kilometer lang ist, kostet rund 1,3 Millionen Euro. Auch deshalb will man stärker die Ursache für den Lärm bekämpfen. "Wir müssen ans Rollmaterial ran", forderte Klocksin. Zurzeit erprobt das Verkehrsunternehmen leisere Bremsanlagen. Bremsklötze aus einem Verbundwerkstoff, LL-Bremssohle genannt, sollen den Schienenlärm im Vergleich zu herkömmlichen Güterzügen mit Grauguss-Bremsen deutlich verringern. Der Einbau der LL-Sohlen (LL steht für "Low Noise, low friction", also "wenig Lärm, wenig Reibung") wird Millionen verschlingen.

Harald Jeschke, der Vorsitzende des Bürgervereins Duisburg-Neudorf, rund 20 Kilometer Luftlinie von Ratingen entfernt, kämpft mit Hartnäckigkeit gegen den Bahnlärm. 100 Millionen Euro für den Lärmschutz pro Jahr seien lächerlich, meinte Jeschke, "wir brauchen eine Milliarde pro Jahr". Seine Botschaft: Man muss Bahn-Management und Politiker unerbittlich in die Pflicht nehmen, zur Not mit öffentlichkeitswirksamen Maßnahmen.

Die betroffenen Anwohner, die sich der Diskussion stellten, warten seit langem vergeblich auf Hilfe. Engelbert Sobania, der auf der Eulerstraße wohnt, beschrieb seine persönliche Situation: "Ich wohne seit 24 Jahren hier. Es gibt keine Ruhe mehr. Die Bahnen fahren rund um die Uhr. Klar, die Bahn bringt Arbeit und versorgt uns. Aber es muss etwas passieren."

CDU-Fraktionschef Ewald Vielhaus: "Wir haben eine ganze Liste von Aufträgen bekommen, die wir nun abarbeiten werden."

(RP)
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