Spardruck in NRW Kommunen legen Spielplätze still

Mettmann · Leere Kassen zwingen viele Städte dazu, sich von Spielplätzen zu trennen. Teilweise werden die Flächen verkauft, teilweise in Grünanlagen umgewandelt. In manchen Kommunen ist es aber dank privatem Engagement gelungen, einige Spielplätze zu retten.

Nicola Hengst-Gohlke engagiert sich leidenschaftlich für Spielplätze. Im Jahr 2013 ist das nicht einfach. Nicht, weil es zu wenig Spielplätze gäbe. Aber es gibt zu wenig Kinder. Deshalb werden viele Spielplätze geschlossen — auch in Mettmann. Dort werden zehn von 70 Anlagen in den nächsten Jahren stillgelegt. "Ich finde das traurig", sagt die 44-Jährige. "Aber manchmal ist es nötig."

Denn die Spielplätze, die es gibt, werden oft sich selbst überlassen und verfallen. Aktuelle Zahlen gibt es nicht, doch 2010 gab in einer Umfrage des Bundesverbands für Freiraumgestaltung ein Drittel der mehr als 150 befragten Kommunen an, pro Jahr keinen einzigen Euro etwa in Austausch und Erneuerung von Spielgeräten zu investieren. "Als Geld da war, hat man viele Spielplätze gebaut", erklärt Tom Zimmermann, Spielplatzbeauftragter der Stadt Wuppertal.

Doch diese werden nun zur Last: Die kontinuierliche Wartung und Pflege aller Flächen übersteigt mittlerweile die finanziellen Möglichkeiten vieler Kommunen, zumal wöchentliche Kontrollen vorgeschrieben sind. Bei Wuppertals Spielplätzen gibt es auch trotz Fördermitteln einen Sanierungsstau in Höhe von rund sechs Millionen Euro. Hinzu kommt die laufende Abnutzung.

Dennoch hat sich Wuppertal gerade dazu durchgerungen, nur die 42 marodesten seiner 348 Spiel- und Bolzplätze stillzulegen. Die Grundstücke werden nicht verkauft, sondern bleiben für eine zukünftige Wieder-Nutzung als Spielplätze erhalten. Vorerst werden sie in Grünanlagen umgewandelt; die Spielgeräte werden auf anderen Plätzen aufgebaut. Verkauft werden sollen "nur" 37 Flächen, die als Spielplätze ausgewiesen waren, aber nie so genutzt wurden. "Es hätte schlimmer kommen können", sagt Kerstin Holzmann, Koordinatorin der örtlichen Spielplatzpaten.

Wie auch Wuppertal und andere Städte in NRW steht Wülfrath unter akutem Sparzwang. Deshalb will die Kommune 3500 Quadratmeter ehemaliger Spielflächen in Bauland umwandeln. Zwei Spielflächen sind inzwischen verkauft, zwei weitere stehen zum Verkauf. Kämmerer Rainer Ritsche verweist auf die Einnahmen von 200.000 Euro sowie die Einsparungen bei Kontrollen und Reinigung. Die Einnahmen sind nicht zweckgebunden, müssen also nicht in andere Spielflächen fließen. Doch ist Wülfraths Haushalt nach dem Verkauf der Spielflächen ausgeglichen — und auch dank des Engagements der Bürger vor Ort werden jetzt neue Investitionen in die übrigen Plätze wahrscheinlich.

Dass Spielplätze heutzutage generell unwichtiger würden, verneint Dagmar Lehmann vom Planungsbüro "Stadtkinder". "Wenn es genügend andere Spiel- und Freiräume gäbe, bräuchte man Spielplätze nicht so dringend. Aber dem ist ja vor allem in den Städten nicht so." Umso wichtiger sei es, Kinder in die Planung miteinzubeziehen. Gerd Kinski von der Stadt Witten formuliert es so: "Es wird immer wichtiger, Kinder und Jugendliche von Smartphone und Playstation wegzulocken. Wenn auf den Spielplätzen nur ein Wipptier steht, kann das kaum funktionieren." Deswegen legt Witten 35 von 98 Spielplätzen still. "Die Kinder wurden von Anfang an mit eingebunden. Sie haben selbst entschieden, welche Plätze wir stilllegen und welche wir verbessern." So sollen 16 Vorzeige-Spielplätze mit Möglichkeiten zum Rutschen und Klettern entstehen.

Die meisten Spielplätze werden wohl im sauerländischen Arnsberg abgebaut. Seit 2003 wurde jede dritte der damals 147 Flächen stillgelegt — 65.000 Quadratmeter Spielfläche verschwanden. "Dabei hatten wir keine Probleme mit der Bevölkerung", beteuert Ralf Schmidt vom Grünflächenamt. "Weil wir allen Interessierten frühzeitig erklärt haben, was wir vorhaben und warum." 40 der verbleibenden Spielplätze in Arnsberg wurden ausgebaut — und zwar nicht nach "Schema F" mit Wippe, Rutsche und einer Schaukel.

Stattdessen durften sich die Kinder ein besonderes Thema aussuchen, zum Beispiel "Star Wars" oder "Pippi Langstrumpf". Passende Spielgeräte wurden daraufhin maßgefertigt. Das Geld dafür stammt aus dem Verkauf der nicht länger als Spielplätze genutzten Grundstücke. Allein durch den Wegfall der Wartung dieser 49 Spielplätze ergab sich ein Einspareffekt von 120.000 Euro jährlich. Die eigentlichen Verkaufserlöse waren so hoch, dass auch nach der "Luxus-Sanierung" der anderen Plätze noch Geld für die Haushaltskonsolidierung übrig blieb.

In Mettmann hat Spielplatzpatin Nicola Hengst-Gohlke die Verwaltung von ihrer Philosophie überzeugt: "Einmal hatten wir einen Verkauf geplant — aber dann haben sich doch wieder Familien mit Kindern angesiedelt", sagt Jugendamtsleiterin Astrid Hinterthür. "Etwa alle 20 Jahre gibt es in den meisten Stadtteilen einen Generationenwechsel. Deswegen würden wir die Grundstücke nie verkaufen."

(RP)
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