Frank Luck krönt seine Karriere Biathlon: Gold für deutsche Herren-Staffel

Oberhof (rpo). Besser hätte sich Frank Luck seinen Abschied bei den Biathlon-Weltmeisterschaften in Oberhof nicht vorstellen können: In der 4x7,5-km-Staffel holten die deutschen Herren sensationell Gold vor Olympiasieger Norwegen und Frankreich.

Als Staffel-Neuling Michael Greis mit der deutschen Fahne zwischen den Beinen über die Ziellinie stolperte, war das WM-Heimspiel der deutschen Biathleten endgültig mit Gold gekrönt. "Das war die beste Staffel der Welt, die beste die wir je als Mannschaft hatten - das war einfach phänomenal", schrie Trainer Frank Ullrich in die Runde, während seine Männer im Oberhofer Jubelorkan aus 25.000 Kehlen ihren Freudentanz vollführten und Feuerwerksraketen in den trüben Himmel am Grenzadler stiegen.

Gemeinsam mit Frank Luck, Sven Fischer (beide Oberhof) und Ricco Groß (Ruhpolding) verteidigte der Nesselwanger Greis den im Vorjahr errungenen Titel erfolgreich. Es war der elfte deutsche Staffelsieg bei einer WM, und "Oldie" Frank Luck kürte sich mit seinem elften WM-Titel (dazu fünfmal Silber und viermal Bronze) im letzten großen Rennen seiner Karriere zum erfolgreichsten WM-Biathleten aller Zeiten. Rang zwei belegte Olympiasieger Norwegen vor Frankreich.

"Das ist die Krönung meiner Karriere", sagte der ansonsten immer so coole Luck, mit den Tränen kämpfend. Auch Sven Fischer war gerührt: "Ich wusste, dass der Michi das schafft. Der ist so abgezockt, der hat schon vor 50.000 AufSchalke die Nerven behalten, der musste das einfach vor den 25.000 hier auch leisten."

Schlussläufer Greis bekannte nach dem ersten ganz großen Staffelrennen seiner Karriere: "Ich war total fertig, als ich ins Ziel kam. Ich bin so glücklich, dass ich es bei Luckis letztem Rennen nicht noch versaut habe. Es ist einfach ein Traum."

35.000 Euro Prämien

Einen Tag nach dem Bronze der deutschen Damen sorgten die Herren für den zweiten WM-Titel der Gastgeber in Oberhof nach dem Gewinn des Jagdrennens durch Ricco Groß. Knapp 35.000 Euro Prämien konnten danach im Staffelquartett aufgeteilt werden.

Die heißblütigen Fans in der wie immer rappelvollen Rennsteig-Arena waren absolut still, als Frank Luck in das letzte WM-Rennen seiner Karriere startete. "Es war ein Wahnsinns-Kick für mich, eine ganz heikle Situation", schilderte der Routinier am Ende einen der wichtigsten Wettkämpfe seiner Laufbahn.

Der Einsatz des vor der WM formschwachen Altmeisters, der kein einziges Einzelrennen in Oberhof bestreiten durfte, war auch für Coach Frank Ullrich ein großes Risiko. Nachdem Luck seine zwei Schießübungen ohne Fehl und Tadel absolviert hatte, hüpfte der Trainer mit Tränen in den Augen wie ein Irrwisch auf seinem Schießstand umher. Zehn Sekunden hinter dem nach der ersten Runde führenden Norweger Halvard Hanevold übergab Luck an Ricco Groß: "Mit dem kleinen Rückstand kann ich leben. Ich bin rundum zufrieden und glücklich, egal wie es am Ende ausgeht", sagte er beim Wechsel.

Danach sorgte Groß im Duell mit Norwegens Ausnahmeläufer Lars Berger schon für die Vorentscheidung. Präxise wie gewohnt räumte er am Schießstand seine Scheiben ab und verleitete damit den Norweger zu Fehlern, der zwei Strafrunden drehen musste. Groß: "Es war ein sehr emotionales Rennen für mich. In der Staffel will doch jeder besonders gut aussehen, und das ist mir heute wohl hundertprozentig gelungen."

Polster schon zur Halbzeit

Bei Halbzeit des Rennens lag das deutsche Quartett bereits 26, 1 Sekunden vor Ex-Weltmeister Weißrussland und 44 Sekunden vor dem Topfavoriten Norwegen. Dieses Polster gab Lokalmatador und Jung-Vater Sven Fischer die erhoffte Sicherheit. Dem Thüringer hatten in den Tagen zuvor fast immmer beim Schießen die Nerven geflattert, diesmal nicht: "So ein geiler Vorsprung. Ich konnte ruhig laufen und mich ganz auf das Schießen konzentrieren", berichtete er. "Ich habe immer nur gedacht: Denk an Deinen Puls, an den Ablauf. Und das hat alles geklappt."

So ging Michael Greis mit beruhigenden 77 Sekunden Vorsprung auf die erste WM-Staffelrunde seiner Karriere. Auch der Novize leistete sich wie Fischer nur einen Schießfehler und lief das Rennen bis auf den Stolperer auf der Ziellinie sicher nach Hause.

Am Wochenende geht die WM am Thüringer Rennsteig mit den Massenstartrennen der Damen über 12,5 km (Samstag) und der Herren über 15 km (Sonntag, jeweils 14.20 Uhr/live in der ARD und bei Eurosport) zu Ende. Dabei feiert Uschi Disl (Moosham) nach einwöchiger Erkrankung ihr WM-Debüt in Oberhof. Insgesamt sind neun deutsche Athleten startberechtigt. Andreas Birnbacher (Schleching) wurde vom Weltverband IBU als Reservist nominiert.

GOLD: Deutschland (Frank Luck/Oberhof, Ricco Groß/Ruhpolding, Sven Fischer/Oberhof, Michael Greis/Nesselwang) 1:17:50,3 Stunden/0 Strafrunden nach Schießfehlern,

SILBER: Norwegen (Halvard Hanevold/Lars Berger/Egil Gjelland/Ole Einar Björndalen) 0:15,7 Minuten zurück/2

BRONZE: Frankreich (Ferreol Cannard/Vincent Defrasne/Julien Robert/Raphael Poiree) 0:33,3/0

4. Weißrussland 0:36,5/0,
5. Russland 0:49,9/0,
6. Schweden 2: 37,7/0,
7. Ukraine 2:43,0/1,
8. Tschechien 2:48,2/1,
9. Österreich 3:11,8/0,
10. Slowakei 3:26,5/0.

Endstand im Staffel-Weltcup nach vier Rennen:

1. Norwegen 176 Punkte,
2. Deutschland 174,
3. Frankreich 172,
4. Russland 160,
5. Weißrussland 156,
6. Schweden 143,
7. Österreich 112,
8. Ukraine 99,
9. Finnland 91,
10. Polen 89.

FRANK LUCK: Geboren: 5. Dezember 1967; Größe: 1,79 m; Gewicht: 76 kg; Wohnort: Oberhof; Beruf: Zeitsoldat/Oberfeldwebel; Größte Erfolge: Staffelweltmeister 2004, Staffel-Olympiasieger 1994 und 1998, Olympia-Zweiter 1994 und 2002 jeweils im Einzellauf sowie 2002/Staffel, Staffel-Weltmeister 1989, 1991, 1995, 1997 und 2003, Weltmeister im Sprint 1989 und 1999, im Jagdrennen 2000 sowie im Team 1990 und 1993.

RICCO GROSS: Geboren: 22. August 1970; Größe: 1,78 m; Gewicht: 75 kg; Wohnort: Ruhpolding; Beruf: Sportsoldat/Oberfeldwebel; Größte Erfolge: 2004 Weltmeister im Jagdrennen und in der Staffel und WM-Zweiter im Sprint, Staffel-Olympiasieger 1992, 1994 und 1998, Olympia-Zweiter 1992 und 1994 jeweils im Sprint und 2002/Staffel, Olympia-Dritter 2002 im Jagdrennen, Staffel-Weltmeister 1991, 1995, 1997 und 2003, Weltmeister im Einzellauf 1997 und Jagdrennen 1999 sowie 2003.

SVEN FISCHER: Geboren: 16. April 1971; Größe: 1,85 m; Gewicht: 85 kg; Wohnort: Schmalkalden; Beruf: Angestellter; Größte Erfolge: Staffelweltmeister 2004, Staffel-Olympiasieger 1994 und 1998, Olympia-Zweiter 2002 in Sprint und Staffel, Olympia-Dritter 1994 im Einzellauf, Team-Weltmeister 1993, Staffel-Weltmeister 1995, 1997 und 2003, Weltmeister in Einzellauf und Massenstart 1999, Weltcup-Gesamtsieger 1997 und 1999.

MICHAEL GREIS: Geboren: 18. August 1976; Größe: 1,76 m; Gewicht: 72 kg; Wohnort: Ruhpolding; Beruf: Sportsoldat/Feldwebel; Größte Erfolge: Staffelweltmeister 2004, Olympia-Starter 2002 (jeweils 16. Platz in Sprint und Jagdrennen), viermaliger deutscher Meister, Staffel-Europameister 1999 und 2001.

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