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Trainer-Legende wird 70 Herzlichen Glückwunsch, Jupp Heynckes!

Schwalmtal · Jupp, Heynckes, der Meistertrainer vom Niederrhein, feiert heute seinen 70. Geburtstag. Erst zwei Jahre ist es her, dass er mit Bayern München das Triple holte.

Jupp Heynckes - Der Fußball-Trainer im Porträt
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Das ist Jupp Heynckes

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Foto: AP

Mit den Ehrungen ist das zuletzt ja ein bisschen weniger geworden. Ende März bekam Jupp Heynckes noch den Trainerpreis des DFB, "für sein Lebenswerk", wie es so schön heißt. Dieses Lebenswerk hat er vor fast zwei Jahren gekrönt, als er in einem Trainerjahr bei Bayern München die deutsche Meisterschaft, den deutschen Pokal und die Champions League gewann. Dafür sind ihm viele Kränze gewunden worden. Er war natürlich Trainer des Jahres, er war Ehrengast bei Galaveranstaltungen, Fernsehsender und Magazine rissen sich um Interviews. Heynckes nahm es gelassen zur Kenntnis. Ebenso gelassen beobachtet er den Profifußball-Zirkus, dessen Teil er 50 Jahre war, und die Bemühungen seiner Nachfolger, seinen Rekord einzustellen. Er sagt: "Triple-Gewinner, das bleibst du für die Ewigkeit." Zumindest für ein ganzes Leben.

Dieses Leben beginnt vor 70 Jahren im Mönchengladbacher Ortsteil Holt - unter denkbar unglamourösen Umständen. Heynckes ist das neunte von zehn Kindern eines Schmieds, er wiegt bei der Geburt gerade mal fünf Pfund, und er wächst in der Nachkriegszeit auf. Das hat er nicht vergessen. Er erinnert sich, "wie das war an den Waschtagen. Wir hatten so einen Bottich, da drunter wurde Feuer gemacht mit den leeren Kartons aus unserem Tante-Emma-Laden. Und meine Schwestern haben den ganzen Tag gewaschen. Ich habe meine Mutter bewundert, wie sie uns durch diese Zeit gebracht hat". Das hat ihn geprägt. Ein neureicher Millionär ist er nie geworden, und das Geprotze auf dem Jahrmarkt des Sports ist ihm ein Gräuel. "Man muss bescheiden bleiben", sagt er.

Das heißt nicht: Man muss da bleiben, wo einen das Schicksal hingestellt hat. In Holt beginnt eine große deutsche Fußball-Karriere. Sie beginnt stilvoll im Hinterhof mit einer zum Ball umfunktionierten Schweinsblase. Heynckes läuft den Spielkameraden bald davon. Ihnen geht es ähnlich wie den Abwehrspielern der Bundesliga. Heynckes ist der wichtigste Stürmer in der großen Mannschaft von Borussia Mönchengladbach, die wegen ihres begeisternden und gelegentlich wilden Vorwärtsspiels "Fohlenelf" genannt wird. Mit ihr gewinnt er vier von fünf Meisterschaften. Nur die erste verpasst er, weil er einen sportlich nicht besonders befriedigenden Abstecher nach Hannover macht. Der für seine Sparsamkeit bekannte Gladbacher Manager Helmut Grashoff hatte ein Angebot unterbreitet, das nicht in die erste Liga passt.

Heynckes schon, er prägt den Gladbacher Fußball und die Bundesliga der späten 60er und frühen 70er Jahre. 220 Tore schießt er in der deutschen Eliteliga, das ist Platz drei in der ewigen Rangliste hinter Klaus Fischer (268) und Gerd Müller (365). Anders als bei den beiden Konkurrenten ist der Strafraum nicht allein sein natürlicher Lebensraum. Der schnelle und mit beiden Füßen schussgewaltige Heynckes kommt auch auf den Flügeln und beim Aufbauspiel der Mannschaft vor. Mit der Nationalmannschaft wird er Europameister und Weltmeister. Im Münchner Finale 1974 gegen die Niederlande (2:1) soll er eingewechselt werden, aber Bundestrainer Helmut Schön vergisst ihn in der Hektik der Schlussphase. Der spätere Trainer Heynckes hat dafür Verständnis.

In Mönchengladbach hat ihn das Trainer-Denkmal Hennes Weisweiler geprägt. Der knorrige Kölner hat bereits einiges im Programm, das andernorts mit ungläubigem Staunen gesehen wird. Methodisches Training ist längst keine Selbstverständlichkeit. Es ist kein Wunder, dass viele aus der Weisweiler-Schule ebenfalls ins Trainerfach wechseln.

Keiner ist erfolgreicher als Heynckes. Als junger Coach etabliert er Borussia Mönchengladbach auf den vorderen Plätzen, weil er schon damals ein großes Talent in der Entwicklung junger Spieler offenbart. Die Bayern holen ihn Ende der 80er in die wilde, bunte Münchner Medienwelt. Obwohl er zwei Meisterschaften feiert, gesteht der eher scheue Coach, dessen Augen unter Druck wild flackern: "Ich war vielleicht noch nicht reif für den großen FC Bayern." 1991 muss er gehen, der damalige Manager Uli Hoeneß nennt die Entlassung seines Freundes "meinen größten Fehler".

Heynckes reift im Ausland. Die krassen Außenseiter Athletic Bilbao und CD Teneriffa führt er in den internationalen Fußball, das große Real Madrid zum Champions-League-Sieg. Es sieht lange so aus, als bleibe das der Höhepunkt seiner Trainerkarriere, denn weder bei Schalke 04 noch bei seinem zweiten Engagement in Mönchengladbach wird er glücklich. Vor allem in Gladbach nicht. Die Liebe zu seinem Heimatklub schaltet die Vernunft aus. Heynckes scheitert mit einer Mannschaft, die er nicht zusammenstellen durfte. Entnervt und nach Morddrohungen gegen seine Familie gibt er auf.

Hoeneß macht seinen Fehler wieder gut. Er holt den alten Freund 2009 für fünf Wochen zurück zu den Bayern. Heynckes beseitigt die Trümmer, die Jürgen Klinsmann in seiner Renovierungswut hinterlassen hat. Und er bekommt noch mal richtig Lust auf den Beruf. Bayer Leverkusen macht ihm zur rechten Zeit ein Angebot, er führt die Werkself in die Champions League.

Das haben die Bayern mit großem Interesse gesehen, denn ihnen hat gerade Louis van Gaal den Laden zerdeppert. Heynckes ist der richtige Mann zur richtigen Zeit. Er ist auf dem Höhepunkt seines Könnens, viel abgeklärter als früher, viel entspannter. Heynckes marschiert 2012 mit dem Team ins "Finale dahoam". Und er schafft das Kunststück, die Enttäuschung über die Niederlage im Champions-League-Endspiel in Energie zu verwandeln. Er erlebt das erfolgreichste Trainerjahr und krönt es mit dem Triple. "Er ist für alles Neue aufgeschlossen", sagt Philipp Lahm. Heynckes hat es nicht nötig, sich damit zu brüsten. Mit Bastian Schweinsteiger, Toni Kroos und Manuel Neuer telefoniert Heynckes noch immer. Er nennt sie "meine Spieler". Das bleiben sie.

In seinem Arbeitszimmer erinnern ein paar Trophäen an die Laufbahn. Den Rückblick genießt er. Aber er ist mindestens ebenso gern Fußballrentner. "Endlich kann ich mich wieder bewegen wie ein normaler Mensch und habe Zeit für die Familie, für den Hund, für Freunde und für Nachbarn", erklärt Heynckes. Er lebt in einem im mediterranen Stil umgebauten Bauernhof im Schwalmtal, macht Spaziergänge durch den nahen Hardter Wald. Und er macht Sport in seinem Fitnessraum. Der Mann ist fit.

Trotz der 70 Jahre. Heute feiert er seinen Geburtstag im kleinen Familienkreis. Das weiß er schon. Er weiß allerdings nicht, wo. Die Familie will ihn überraschen. Den 50. feierte er in Paris, den 60. in der Villa Feltrinelli am Gardasee. Die Latte liegt hoch.

(RP)
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