Leichtathletik Blinde Stabhochspringerin begeistert

Austin · Die Texanerin Charlotte Brown hat in einem Wettkampf der Nicht-Behinderten den dritten Platz erreicht. Sie misst ihre Schritte genau ab und hört am Einstichkasten auf ein Tonsignal.

 Blindenhund Vador durfte mit aufs Podest.

Blindenhund Vador durfte mit aufs Podest.

Foto: ap

Eine nahezu vollständig erblindete Teenagerin hat bei den texanischen Highschool-Meisterschaften in Austin durch ihren Sprung aufs Podium für Furore gesorgt. Die 17-jährige Charlotte Brown meisterte trotz ihrer Erkrankung am Grauen Star 3,50 m und belegte damit in ihrer regulären Jahrgangsklasse den dritten Platz. Zur Siegerehrung brachte die Schülerin der Rains-Highschool in Emory ihren Blindenhund Vador mit auf das Podest. Während des Wettkampfes hatte er brav im Innenraum des Stadions gelegen.

"Drei Jahre lang habe ich auf diesen Platz hingearbeitet", sagte sie, "jetzt habe ich es endlich geschafft." Als ihre Mutter Stori sie am Vortag angerufen hatte, hatte sie ihr gesagt: "Du bist eine von wenigen, die es so weit gebracht haben. Es ist egal, ob du eine Medaille holst oder nicht." "No", antwortete Charlotte Brown, ganz Athletin. Es sei gar überhaupt nicht egal, ob sie das Podium erreicht oder nicht. "Ich muss dort hinauf", betonte sie. Der Leitspruch "Dabeisein ist alles" galt für sie nicht. Den Jubel des Publikums konnte sie hören, die strahlenden Gesichter der mehreren Hundert Zuschauer aber nicht.

Brown war bereits im Säuglingsalter von 16 Wochen am Grauen Star erkrankt. Nachdem ihr Fachärzte zunächst durch den Einsatz künstlicher Linsen geholfen hatten, nahm ihr Sehvermögen ab dem elften Lebensjahr allerdings fortschreitend ab. Heute kann die Jugendliche, deren Disziplin nicht zum Programm von Wettkämpfen für sehbehinderte Sportler gehört, bis auf leichte puzzleartige Hell- und Dunkelschattierung praktisch nichts mehr sehen. Ihre beiden älteren Brüder halfen ihr, sich auch mit der Behinderung in der ländlichen Gemeinde Emory (rund 120 Kilometer östlich von Dallas), wo die Familie lebt, zurecht zu finden. "Es ist gut, wenn ich Dinge selbst erledigen kann", sagt sie, "aber es ist auch eine gute Idee, andere Leute zu fragen, wenn ich erfahren möchte, ob meine Socken zueinander passen."

Charlottes Stabhochsprung-Laufbahn begann Brown in der siebten Klasse, als sie zwischen 12 und 13 Jahre alt war. "Ich habe mir den Stabhochsprung ausgesucht, weil ich etwas Riskanteres und Aufregendes machen wollte", beschrieb Brown nach dem Wettkampf ihre Motivation.

Bei der Ausübung ihres Sports nimmt die angehende Studentin der Purdue Universität, deren Besuch der Sportlerin durch ein Stipendium möglich gemacht wird, sieben genau abgemessene Schritte Anlauf und hört beim Ansatz des Stabes in den Einstechkasten auf das Tonsignal eines an der Matte montierten Piepsers. Bereits in den beiden vergangenen Jahren hatte Brown an den Landesmeisterschaften teilgenommen und dabei zunächst Platz acht und im vergangenen Jahr Rang vier belegt.

Ihre Leistung will Charlotte Brown nicht als besondere Botschaft an Menschen mit Handicaps verstanden wissen: "Es geht auch nicht um mich", sagte sie, "es geht um jeden Einzelnen, der mit und gegen etwas zu kämpfen hat. Es geht darum, dass jeder etwas finden sollte, dass ihn glücklich macht, egal welche Hindernisse dafür überwunden werden müssen." Schön pathetisch.

(RP)
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