EM-Qualifikation Götzes Auftritt ist wichtig für Löw

Frankfurt/Main · Der 23-Jährige zahlt mit zwei Treffern für den Vertrauensvorschuss zurück.

EM-Qualifikation, Deutschland - Polen: Einzelkritik
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Deutschland - Polen: Einzelkritik

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Mario Götze (23) hat gelacht. Nicht einfach nur freundlich oder gar verkniffen gelächelt, er hat regelrecht gestrahlt. Öffentlich hat er nicht mehr so gestrahlt, seit er als kaum Zwanzigjähriger das Dortmunder Publikum mit seinem Fußball verzückte, mit seinen Toren und einem völlig allürenfreien Auftreten. Zwei Treffer beim 3:1-Erfolg über Schottland und eine starke Gesamtleistung haben ihn so glücklich gemacht. "Es hätte", sagte er, "deutlich schlechter laufen können."

Es ist für ihn in jüngerer Vergangenheit oft schlechter gelaufen. Beim FC Bayern München ist er nicht der Spieler, auf den Trainer Pep Guardiola bedingungslos setzt. Dort sieht ihn niemand strahlen. Und es trägt zu einem eher tristen Auftritt bei, dass ihn seine Berater am Gängelband durch die Termine ziehen. Künstlich wirkt Götze dort oft.

Er hat diese Aura des seltsamen Knaben in den vergangenen beiden Jahren häufig auch mal mit zur Nationalmannschaft genommen. Selbst die Tatsache, dass er Deutschland mit seinem Finaltor in Rio zum WM-Titel geschossen hat, trug nicht dringend zur lockeren Rückkehr in die Jahre des unbeschwerten Wunderkinds bei.

Doch vor dem Polen-Spiel muss Bundestrainer Joachim Löw den richtigen Knopf gedrückt haben. Vielleicht war es schon die simple Feststellung, dass Götze auf jeden Fall spielen werde, wegen seiner "enormen Fähigkeiten". Der 23-Jährige zahlte für diesen Vertrauensvorschuss in Frankfurt viel zurück. Nicht nur, aber auch wegen seiner beiden Tore. Er unterstrich, dass seine Qualitäten im Umgang mit dem Ball auf engem Raum massierte gegnerische Abwehrreihen knacken können.

Darüber hinaus lobte Löw den läuferischen Einsatz seines Angriffsspielers. "Er hat sich wahnsinnig viel bewegt", sagte der Coach, "und unserem Spiel die Tiefe gegeben." Weil in der Offensive der Deutschen ohnehin viel Bewegung war, erledigten Götze und seine Kollegen ganz nebenbei die Debatte um falsche, halbe oder gar keine Neuner. Es wurde nicht einmal mehr danach gefragt.

Das freut Löw. Für ihn ist die Zeit der klassischen Mittelstürmer, wie sie in den vergangenen Jahren in der Nationalmannschaft Miroslav Klose und Mario Gomez verkörperten, erledigt. Das mag nicht jedem gefallen, sicher nicht den Traditionalisten, die Typen wie Gerd Müller, Uwe Seeler oder Horst Hrubesch nachtrauern. Löw dagegen hat am liebsten Spieler wie Thomas Müller, Götze oder Mesut Özil, die eine Abwehr verrückt machen können, wenn sie ihre Positionen wechseln. Götze hat das lange nicht mehr so eindrucksvoll hinbekommen wie beim Spiel gegen die Polen.

Das wiederum stärkt Löw in seinem taktischen Weg, den er auf ganz ähnliche Weise auch heute Abend im Hampden Park weiter beschreiten will. Und nicht nur dort - ebenso in den kommenden Spielen bis hin zur Europameisterschafts-Endrunde. Deshalb war Götzes Auftritt für den Trainer ebenfalls ziemlich wichtig. Seine Reaktion auf Götzes erstes Tor bewies das. Löw sprang von der Bank auf und schlug heftige Lufthaken mit der linken Faust. Damit verjagte er nicht zuletzt auch seine eigenen Zweifel.

(pet)
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