Im Zeichen des Klons - Casting-Bands dominierten 2003
Frankfurt/Main (rpo). Daniel und Alexander, Overground und die Preluders - das Musik-Jahr 2003 stand ganz im Zeichen gecasteter Bands und Stars aus der Retorte. Es begann mit Deutschlands Suche nach dem Superstar und endete mit dem Zweikampf der "Popstars"-Produkte Overground gegen Preluders um die Chart-Spitze. Zum Jahresende standen zeitweise Singles mit Künstlern aus sechs verschiedenen Klon-Projekten in den deutschen Top Ten. Von ungeheurem Rummel um die Protagonisten begleitet ging auf RTL die erste Staffel von "Deutschland sucht den Superstar" (DSDS) Anfang des Jahres in die Endphase. Millionen verfolgten an den Bildschirmen die Auftritte und Ausbrüche von Alexander, Juliette oder dem schrägen Daniel. Angeschoben von dieser gigantischen Werbekampagne hatten die Produktionen aus der Songfabrik von Dieter Bohlen eine Hit-Garantie. So war es kein Wunder, dass auch die Sendung "Popstars", die Mutter der erfolgreichen TV-Casting-Shows in eine weitere erfolgreiche Runde ging. Daraus gingen die beiden Bands Overground und Preluders hervor - und bevölkern seitdem die Charts. Vor drei Jahren wurde in "Popstars" - damals noch auf RTL2 ausgestrahlt - die Band No Angels gecastet. Allen Unkenrufen zum Trotz wurde es die erfolgreichste deutsche Girlgroup aller Zeiten - bis zum Sommer blieb das Quintett zusammen, Mitte Juli stieg Bandmitglied Jessica Wahls aus, Anfang September schmiss auch der Rest der Band hin: Stress und Überlastung lautete die Begründung für die "Auszeit auf unbestimmte Zeit". Bro'Sis, ebenfalls für "Popstars" gecastet, aber meist im Schatten der No Angels, sind nach dem Ausstieg von Indira zwar dezimiert, existieren aber immer noch und sind leidlich erfolgreich. Ein Beweis, dass Casting-Bands nicht tot sind, sobald die nächste Staffel anläuft. Bei den Shows kämpfen nicht nur die Musiker auf der Bühne für ihre Karriere - hinter den Kulissen sind es mittlerweile auch Duelle der Mediengiganten. "Popstars" läuft auf ProSieben, die Songs erscheinen bei Polydor, das zum Universal-Konzern gehört. Die Songs der RTL-Show DSDS erscheinen bei BMG - Sender und Plattenfirma gehören beide zur Bertelsmann-Gruppe. Ein Ende des Booms der Casting-Shows ist nicht abzusehen, denn die zweite DSDS-Staffel geht in die entscheidende Phase - und das bedeutet wieder eine Menge potenzieller Hits aus der Song-Fabrik Bohlen. Und wo so viel Geld zu verdienen ist, gibt es natürlich noch eine Reihe von Nachahmern - mit unterschiedlichen Ansätzen. Bei Sat.1 war es "Star Search" mit dem Sieger Martin Kesici, bei RTL2 war es "Fame Academy" mit Become One und das ZDF versuchte sich mit "Die Deutsche Stimme 2003" - unter der Ägide von Schlager-Großmeister Ralph Siegel gewann Eddie Leo. Siegel sieht sich ohnehin als Vater der Casting-Shows in Deutschland. Was Dieter Bohlen mit seinen "Superstars" am Klavier mache, das habe er schon vor 20 Jahren gemacht. Seine Superstars hießen damals Peter Alexander, Roy Black oder Rex Gildo. "Meine Gruppe Dschinghis Khan war die erste gecastete Retortengruppe."