Amazon und der PR-Gag mit der Mini-Drohne "Dann wäre der Himmel voll mit Fluggeräten"

Düsseldorf · Amazon-Gründer Jeff Bezos kündigt an, einen Teil der Pakete in den USA künftig mit Drohnen ausliefern zu lassen. Die US-Behörden prüfen, das Bundesverkehrsministerium ist skeptisch. Der Logistik-Verband hält den Plan für ein Ablenkungs-Manöver.

So könnte es am Flughafen aussehen, wenn Amazons Ideen Realität werden.

So könnte es am Flughafen aussehen, wenn Amazons Ideen Realität werden.

Foto: Fotomontage RP/rpo

Es klingt wie Science Fiction, doch Amazon-Gründer Jeff Bezos meint es ernst: Er will, dass sich die Kunden des Online-Händlers Waren innerhalb von nur 30 Minuten vor die Haustüre liefern lassen könnten. Und nicht der Briefträger soll das Päckchen ausliefern, Mini-Drohnen sollen es zustellen. Der Konzern arbeite bereits an derartigen unbemannten Fluggeräten. Das gab Bezos per Interview im US-Fernsehen bekannt. Noch seien aber Tests und Zulassungen der amerikanischen Luftfahrt-Behörde FAA nötig.

"Prime Air" soll das Projekt heißen. Das Angebot soll laut Jeff Bezos für kleine und eilige Bestellungen auf kurzer Entfernung genutzt werden. Die achtmotorigen Drohnen könnten Waren mit einem Gewicht von bis zu 2,5 Kilogramm transportieren und pro Lieferung etwa 16 Kilometer zurücklegen. Die Adresse des Kunden soll die Mini-Drohne, von der es bereits einen Prototypen gibt, anhand von Koordinaten finden. Angeblich arbeitet die FAA bereits daran, Regeln für den möglichen Einsatz der Drohnen im US-Luftraum zu erarbeiten.

Ein PR-Gag

Skeptiker zweifeln an der Realisierung der Mini-Drohne namens "Octocopter". Mancher sieht dahinter einen Marketing-Gag. Der Verband Spedition und Logistik NRW kritisiert, dass Amazon mit solchen Meldungen von Tarifproblemen in Deutschland ablenke. "Ich halte das eher für eine Art April-Scherz", sagt Verbands-Geschäftsführer Rüdiger Ostrowski.

Logistisch ist die Umsetzung schwierig: Allein in den USA gehen zu den Spitzenzeiten 300 Bestellungen pro Sekunde bei Amazon ein. Laut Bezos erfüllen 86 Prozent der Bestellungen die Bedingungen für einen Versand per Drohne. "Man stelle sich die vielen Drohnen vor, die alle unterwegs sind, um Päckchen auszuliefern. Wenn noch UPS und DHL das Modell übernehmen, wäre der Himmel voll mit den Fluggeräten", sagt Ostrowski.

Eine Drohne kann nicht klingeln

Auch die Auslieferung könnte problematisch werden. In einem Werbefilm landet eine Amazon-Drohne vor einem frei stehenden Haus. Wie das Paket in Großstädten den Bewohner eines Hochhauses erreichen sollte, ist fraglich — vor allem da die Drohne, anders als der Postbote, nicht anschellen kann.

In Deutschland müsste sich Amazon den Richtlinien der Luftverkehrsordnung unterwerfen. "Der Online-Händler müsste sich innerhalb des Rechtsrahmens des Flugbetriebes bewegen. Eigene Regeln für solch ein Angebot würde es für Amazon nicht geben", sagt ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums. Ein Entgegenkommen, wie es angeblich die amerikanische Luftfahrt-Behörde FAA plant, würde es demnach nicht geben.

Reichweite von 16 Kilometern

Nach deutschem Gesetz dürfte ein solcher Flugkörper nur in einer Entfernung von bis zu 1,5 Kilometern von einem Flugplatz entfernt unterwegs sein. Zudem ist der Betrieb unbemannter Systeme verboten, wenn der Steuerer es nicht sehen kann, genauer: wenn "das Luftfahrtgerät ohne besondere optische Hilfsmittel nicht mehr zu sehen oder eindeutig zu erkennen ist" (Luftverkehrsordnung). Bei tausenden Drohnen in der Luft, die auf Start- und Landeerlaubnis warten müssten, scheint eine Umsetzung von "Prime Air" undenkbar.

Wie Amazon das Problem der geringen Reichweite von 16 Kilometern lösen würde, sagte Bezos nicht. Für eine flächendeckende Realisierung müssten etliche Verteil-Zentren erreichtet werden. In Deutschland wäre das Problem wegen der Flugplatz-Regelung noch erheblich größer. Ob "Prime Air" für Deutschland geplant ist, darüber gibt Amazon Deutschland keine Auskunft. Hierzulande fechtet das Unternehmen gerade einen Kampf mit der Gewerkschaft Verdi aus. Seit Wochen kommt es immer wieder zu Streiks. Verdi fordert für die Beschäftigten von Amazon eine Bezahlung nach Bedingungen des Einzel- und Versandhandels. Bislang lenkt Amazon nicht ein.

(RP)
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