Hartz-IV-Vergleich OECD-Studie: Kaum Anreize zur Arbeit

Berlin (RPO). Wie steht Hartz-IV im internationalen Vergleich da? Bekommen Arbeitslose in Deutschland zu viel Unterstützung oder zu wenig? Die Organisation für Entwicklung und Zusammenarbeit hat Daten aus 29 Ländern verglichen. Ergebnis: Nirgendwo in Europa ist es so schwierig, aus der Sozialhilfe herauszukommen wie in Deutschland.

Was Arbeitslose in anderen Ländern bekommen
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Die OECD-Studie hat Hartz-IV und damit das deutsche Sozialsystem mit Verfahren in anderen Industriestaaten verglichen. Die Ergebnisse wurden am Donnerstag in Berlin und Paris vorgestellt. Die Ergebnisse im Überblick.

Bekommen Hartz-IV-Empfänger viel? Die Leistungen für Arbeitslose in Deutschland fallen im europäischen Vergleich eher dürftig aus. Ein alleinstehender Durchschnittsverdiener erhält nach fünf Jahren Arbeitslosigkeit über Hartz IV nur noch 36 Prozent seines früheren Nettolohns. Deutschland steht damit auf Platz 14 unter den 29 OECD-Ländern und nur knapp über dem OECD-Schnitt. Die höchsten Ersatzleistungen für Alleinstehende werden in den Niederlanden, Dänemark und Irland gezahlt.

Woran es in Deutschland hakt: Ein Ergebnis der Studie spielt den Forderungen der FDP in die Karten, die Hartz-IV-Beziehern größere Anreize setzen will, wieder einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Laut OECD ist es für Erwerbslose mit Kindern derzeit kaum attraktiv ist, einen gering bezahlten, aber existenzsichernden Job aufzunehmen. So muss ein Alleinerziehender oder verheirateter Alleinverdiener mit zwei Kindern Einkommen fast zwei Drittel des Durchschnittslohns erzielen, ehe das Nettoeinkommen merklich über dem ihm zustehenden Hartz-IV-Satz liegt.

Der Vergleich macht die Misere deutlich: So steigt in Frankreich laut OECD das Nettoeinkommen bei Arbeitsaufnahme schon ab dem ersten Euro. Auch Schweden bietet deutlich hähere Anreize: Arbeiten lohnt sich bereits bei einem Job mit dem sich 20 Prozent des Durchschnittlohns verdienen lassen. Das Fazit der OECD: In Deutschland ist es vergleichsweise schwer, durch Erwerbsarbeit im Niedriglohnbereich über die Armutsgrenze zu gelangen und damit Hartz IV zuz verlassen. Grund sind laut OECD die hohen Sozialabgaben. Zusätzlich erschwere "die unspezifische Förderung von Minijobs" die Rückkehr ins Erwerbsleben.

Gewinner: die Familien Generell sind in Deutschland unter den Langzeitarbeitslosen Singles oder kinderlose Paare im internationalen Vergleich schlechter gestellt als Alleinerziehende oder Familien mit Kindern. Denn ein Durchschnittsverdiener mit zwei Kindern und nicht erwerbstätigem Ehepartner bekommt in Deutschland nach fünf Jahren Arbeitslosigkeit noch 63 Prozent seines früheren Nettoeinkommens ersetzt. Das ist deutlich mehr als der OECD-Schnitt von 55 Prozent. Auch ein Alleinerziehender mit zwei Kindern erhält unter gleichen Umständen 61 Prozent des letzten Verdienstes - im OECD-Schnitt sind es hingegen 49 Prozent. Hier werden in den Niederlanden, Dänemark und Australien die höchsten Transfers gewährt.

Verlierer: alleinstehender Geringverdiener Schlechter stehen Geringverdiener da: Sie bekommen nach dem Jobverlust 60 Prozent Lohnersatz. Damit liegen sie im unteren Drittel der OECD-Länder. Kleinverdiener mit Kindern, die ihren Arbeitsplatz verlieren, sind dagegen im OECD-Vergleich immerhin durchschnittlich abgesichert. Vergleichsweise gut ist im ersten Jahr die Absicherung bei Paaren, wenn der andere Partner noch arbeitet: Anders als in anderen Staaten wird der Verdienst des Partners nicht auf das Arbeitslosengeld (ALG I) angerechnet.

(AP/pst)
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