Hilfe während der Finanzkrise US-Regierung wegen Rettung von AIG vor Gericht

Washington · Die US-Regierung muss sich wegen der Rettung des Versicherungskonzerns American International Group (AIG) vor Gericht verantworten. Der am Montag in Washington begonnene sechswöchige Prozess soll klären, ob die Teilverstaatlichung des Konzerns im Jahr 2008 rechtmäßig war oder ob die Aktionäre mit einer Milliardensumme entschädigt werden müssen. Hinter der Klage steht der frühere AIG-Chef Maurice "Hank" Greenberg, der sich von der Regierung enteignet fühlt.

 Das Logo des Versicherungskonzerns American International Group (AIG).

Das Logo des Versicherungskonzerns American International Group (AIG).

Foto: dapd, Bebeto Matthews

Greenbergs Anwalt David Boies argumentierte zum Prozessauftakt, dass es "keine Rechtfertigung" für die weitgehende staatliche Übernahme gegeben habe. AIG sei der einzige während der Finanzkrise gerettete Konzern, bei dem die Aktionäre den Großteil ihres Kapitals eingebüßt hätten. Das damalige Vorgehen der Regierung habe an "Erpressung" gegrenzt, die für die Rettungsgelder verlangten Zinsen seien viel zu hoch gewesen. "Sie haben versucht, AIG zu dämonisieren und zu suggerieren, dass AIG ein Paradebeispiel für die Probleme der Finanzkrise sei", sagte Boies.

Die Regierung hielt dagegen, dass die Pleite des Versicherers katastrophale Folgen gehabt hätte. "Das Ziel war nicht, AIG zu retten. Das Ziel war, die Welt vor AIG zu retten", hieß es im Eröffnungsplädoyer. Der Konzern sei damals faktisch zahlungsunfähig gewesen und habe selbst um Staatshilfen gebeten. Dafür habe die Regierung dann Unternehmensanteile als "Sicherheit" gehalten.

Der Versicherungskonzern stand wegen riskanter Geschäfte auf dem Hypothekenmarkt vor dem Bankrott. Damals saßen Finanzinstitute auf einem Berg dubioser Wertpapiere, in denen die Kredite von einkommensschwachen US-Hausbesitzern gebündelt waren. Als immer mehr Hausbesitzer wegen steigender Zinsen ihre Darlehen nicht zurückzahlen konnten, fiel das System zusammen wie ein Kartenhaus. Die Pleite der Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 erschütterte die weltweiten Finanzmärkte.

In der Krise rettete der Staat in den USA mehrere Finanzkonzerne, die als "too big to fail" ("zu groß, um zu scheitern") eingestuft wurden. Die Regierung in Washington pumpte dabei auch insgesamt 182 Milliarden Dollar in die AIG und übernahm im Gegenzug rund 80 Prozent an dem Unternehmen. Im Dezember 2012 verkaufte das US-Finanzministerium seine letzten Anteile wieder und machte mit der Rettungsaktion unterm Strich einen Gewinn von rund 23 Milliarden Dollar.

Greenberg hatte AIG fast vier Jahrzehnte lang geführt und zum größten Versicherungskonzern der Welt geformt, ehe er 2005 wegen Betrugsermittlungen seinen Posten räumen musste. Über seine Firma Starr International blieb Greenberg aber größter Anteilseigner des Unternehmen. Gemeinsam mit anderen Klägern pocht er auf eine Entschädigung von rund 40 Milliarden Dollar. In dem Prozess sollen zahlreiche Architekten der Bankenrettung während der Finanzkrise aussagen, darunter der damalige Zentralbankchef Ben Bernanke sowie die früheren Finanzminister Henry Paulson und Timothy Geithner.

(AFP)
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