Frankfurt Wettlauf um Deutsche-Bank-Chefposten

Frankfurt · Marcus Schenck und Christian Sewing gelten nach ihrer Berufung zu stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden als Kronprinzen von John Cryan. Das kann gut gehen. Aber der Konkurrenzkampf könnte der Bank auch schaden.

Eine bevorstehende Kapitalerhöhung ist Gift für Aktionäre. Entweder sie nehmen Geld in die Hand und kaufen neue Aktien, damit ihr Anteil am Unternehmen derselbe bleibt, oder sie tun nichts und nehmen damit in Kauf, dass ihr Anteil schrumpft. In dem Fall bekommen sie vom Gewinn anteilig auch weniger ab. Dieses Szenario ist am Wochenende wohl auch manchem Deutsche-Bank-Aktionär schmerzlich bewusst geworden. Der Aktienkurs brach gestern Morgen zum Handelsstart um fast sieben Prozent ein, nachdem die Bank am Sonntag ihre Pläne für eine Kapitalerhöhung bestätigt hatte. Später erholte sich die Aktie, aber mit einem Minus von über drei Prozent war sie am Ende noch einer der großen Verlierer.

Und Verlierer zu sein, ist nie schön. Womöglich wird spätestens in drei Jahren diese Erfahrung auch einer der beiden Männer machen, die am Wochenende zu stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden berufen wurden und damit als Kronprinzen von Konzernchef John Cryan gelten: Marcus Schenck und Christian Sewing. Auch wenn von Kronprinzen noch niemand spricht, vorerst zumindest nicht. Die beiden sollten ihn entlasten, sagte Cryan. Sein Terminkalender sei randvoll: "Es gibt so viel zu tun." Allerdings müsse man für eine Aufgabenverteilung nicht unbedingt die Hierarchie im Vorstand verändern, heißt es in Bankenkreisen. Wer zwei Manager zum Stellvertreter des Chefs mache, der habe sie offenbar für höhere Aufgaben vorgesehen.

Die beiden Hoffnungsträger stehen für zwei der drei Kernbereiche, in denen die Deutsche Bank nach dem x-ten Umbau der vergangenen Jahrzehnte tätig ist. Schenck soll das wieder zusammengeführte Investmentbanking leiten, Sewing hat das Sagen im Privat- und Firmenkundengeschäft. Dass beide zu Cryans Stellvertretern gekürt worden seien, mute an wie der Aufruf zum Zweikampf um den Chefposten ab 2020, heißt es - wenn nicht noch einmal eine Doppelspitze gewollt sei. 2020 läuft Cryans Vertrag aus, und niemand mag daran glauben, dass der als Sanierer ganz nach oben beförderte Brite seinen Vertrag noch einmal verlängert oder dass der Vertrag verlängert wird. Die Aufräumarbeiten sollten dann beendet sein.

Zweikampf - das hieße Privatkundengeschäft gegen Investmentbanking. In den vergangenen Jahren war das auch eine Frage des Paradigmas. Zu Hochzeiten von Anshu Jain wurden die Investmentbanker mal als Regenmacher gefeiert, mal als Hasardeure beschimpft. Mal bescherten sie Milliardengewinne, mal neunstellige Verluste. Aber dem Privatkundengeschäft ging es kaum anders. Mal durfte sich die Sparte als langweiliges Anhängsel fühlen, mal als Ertragsstabilisator.

Die Aussicht auf den Chefposten könnte beide Manager natürlich zu Höchstleistungen treiben, aber so ein Konkurrenzkampf kann der Gesamtbank auch schaden - dann nämlich, wenn die Kandidaten in ihrem Bereich zu große Risiken eingehen, um die eigene Sparte möglichst erfolgreich zu machen. Was die reinen Zahlen angeht, birgt Schencks künftiges Ressort den größeren Glanz, aber auch mehr Risiko. Dafür wirkt Sewing, derzeit jüngstes Vorstandsmitglied, ein bisschen wie der neue Jürgen Fitschen: Seit 1989 ist der Mann, der bei der Deutschen Bank eine Lehre machte, im Konzern. Ein Zeichen für Kontinuität. Auch solche Leute kommen bisweilen ganz nach oben.

(RP)
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