"Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt" Das Fliewatüüt hebt wieder ab

Wolfgang Groos hat den Klassiker "Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt" charmant verfilmt.

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Tobbi (Arsseni Bultmann) hat es nicht leicht: Seine Mitschüler mobben ihn, seine Mutter will ihn zum Hockey-Training schicken, damit er Freunde findet. Dabei will der Junge doch nur Dinge erfinden, Konstruktionen wie das Fliewatüüt, das fliegen kann, übers Wasser und natürlich über Straßen fährt. Eines Tages schlägt direkt neben ihm auf der Wiese eine Art Meteorit ein. Tobbi nimmt ein Metallstück mit nach Hause, das sich als kleiner Roboter entpuppt. Er muss seine Eltern retten, die mit ihrem Raumschiff am Nordpol abgestürzt sind, und braucht dafür das richtige Gefährt: Tobbis Fliewatüüt wäre perfekt.

Wolfgang Groos ("Die Vampirschwestern") hat den Kinderbuch-Klassiker "Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt" von Boy Lornsen als bunte Familienkomödie verfilmt. Darin erinnert wenig an das Original-Buch, das vor 50 Jahren veröffentlicht wurde. Das ist aber kein Makel, der Film wurde ins Hier und Jetzt geholt und zum Beispiel um die Weltraumdimension erweitert. Das schadet der Geschichte nicht, im Gegenteil: Dank neuer Personen, wie zum Beispiel der Rocker-Gang, die für Robbi und Tobbi das kleine rote Fahrzeug zusammenschrauben, wird der Film lebendiger und actionreicher.

Im Original ist Tobbi nämlich ein normaler, gut integrierter Drittklässler, der neben vielen anderen Dingen das Fliewatüüt erfunden hat. Eines Nachts bekommt er Besuch von einem Roboter, der ebenfalls die dritte Klasse besucht und als Aufgabe hat, die Erfindung eines anderen nachzubauen. Zudem muss ROB 344-66/IIIa, genannt Robbi, drei Aufgaben lösen: Er muss den schwarz-gelb geringelten Leuchtturm finden und dessen Stufen zählen. Anschließend muss er herausfinden, wer am Nordpol steht und mit "Z" beginnt und wo sich das dreieckige Schloss befindet. Gut bepackt mit Himbeersaft als Treibstoff, brechen die beiden auf zu einem großen Abenteuer.

Noch größere Bekanntheit bekam die Geschichte, als der WDR sie mit Puppen verfilmte. Regie führte 1972 Armin Maiwald, der heute vor allem für "Die Sendung mit der Maus" bekannt ist. Zu Beginn jeder der vier Folgen stand nicht "Ein Film von", sondern "Eine MAZ von", weil die Bilder als Video direkt auf Magnetband aufgezeichnet wurden. Ebenso neuartig war Anfang der 70er Jahre die Bluescreen-Technik, bei der das Fliewatüüt durch reale Landschaften flog. Das kleine Gefährt war im Gegensatz zum Buch in der Serie allerdings blau und nicht rot. Die Serie hielt sich ansonsten aber eng ans Buch und wurde für Kinder der 60er und 70er Jahre Kult. Typisch war Robbis Sprache, der in jeden Satz ein "Klick" einbaute. Wenn er nervös war, verfiel er in eine Art Roboter-Stottern: "Klick, klick".

Solche Ticks sind Robbi im neuen Film fremd. Er ist schlau und eloquent - manchmal stopft er nur zu viel Eisen in sich hinein und bekommt dann Blähungen, die er mit einem integrierten Feuerzeug abfackelt. Die riesige Stichflamme entlockt zwar Erwachsenen nur ein müdes Lächeln, die Kinder aber kringeln sich vor Vergnügen. Sir Joshua (herrlich fies: Friedrich Mücke) ist ein skrupelloser Konzernchef, der es auf Robbi abgesehen hat, weil er der erste Roboter wäre, der Gefühle hat. Für die Jagd auf ihn engagiert er die langbeinige Sharon Schalldämpfer (Alexandra Maria Lara) und den smarten Brad Blutbad (Sam Riley), die versuchen, sich gegenseitig auszustechen. Der spielerische Kampf hat den beiden Schauspielern, die miteinander verheiratet sind und einen Sohn haben, anscheinend Spaß gemacht: Ihr Konkurrenzkampf ist amüsant, ihre Charaktere völlig überzeichnet.

Groos' Film hat sich inhaltlich weit vom Original entfernt. Eltern und Großeltern werden das auf den ersten Blick bedauern, denn der Kino-Besuch ist deshalb kein wirkliches Wiedersehen mit den Helden aus alten Zeiten, denn Nordpolforscher Zacharias Peter Paul Obenauf, Polly McMouse und ihr Plumpudding Castle fehlen. Nur Leuchtturmwärter Matthias alias Matti (Bjarne Mädel) hat die Transformation des Buchs in einen Kinofilm überstanden. Die Szene in seinem Leuchtturm gehört auch mit zu den Höhepunkten: ein wenig Moral, die richtige Dosis Spannung und viel Witz.

Wer sich auf die moderne Adaption einlässt, der erlebt einen charmanten, unterhaltsamen Film über eine besondere Freundschaft mit guten Gags. Den Kindern wird er auch gefallen: Die Bösewichte sind so überdreht und tollpatschig, dass sie wahrlich nur ganz zartbesaiteten Seelen Angst einjagen. Und Robbi und Tobbi sind ein prima und sympathisches Team, auch wenn sie mitunter übertreiben, wenn sie ständig ihre Freundschaft und deren Wichtigkeit betonen. Heimlicher Star des Films ist aber das anachronistisch wirkende Fliewatüüt, dessen Charme auch Kinder erliegen, die auf iPads und iPhones daddeln, und von dem auch Erwachsene angesichts von Stau und Parkplatzsuche immer noch träumen.

(mso)
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