"Up in the Air" startet in den Kinos George Clooney als fliegender Rausschmeißer

(RP). Sein Beruf ist es, Leute zu entlassen. Dazu fliegt er kreuz und quer durch die USA und genießt die Freiheit über den Wolken. George Clooney glänzt in Jason Reitmans neuem Film "Up in the Air" als charmanter Zyniker, der doch hart landet. Gesellschaftskritik luftig leicht verpackt.

Szenen aus "Up in the Air" mit George Clooney
23 Bilder

Szenen aus "Up in the Air" mit George Clooney

23 Bilder

(RP). Sein Beruf ist es, Leute zu entlassen. Dazu fliegt er kreuz und quer durch die USA und genießt die Freiheit über den Wolken. George Clooney glänzt in Jason Reitmans neuem Film "Up in the Air" als charmanter Zyniker, der doch hart landet. Gesellschaftskritik luftig leicht verpackt.

Solche Männer braucht die Welt. Ryan Bingham ist charmant, flexibel, lässig. Im Auftrag eines kleinen Unternehmens in Nebraska fliegt er durch die USA, um Leute zu entlassen. Chefs, die ihren Angestellten beim finalen Gespräch nicht in die Augen sehen können, bestellen ihn, damit er heile Arbeitnehmerwelten gezielt zum Einsturz bringt.

Und Bingham ist gut darin. Sachlich, aber nicht zu kühl teilt er den Menschen mit, dass sie nicht mehr gebraucht werden. — Zumindest nicht mehr gegen Geld. Dazu heuchelt er begrenztes Mitgefühl, wenn die Tränen fließen, oder setzt die autoritäre Miene auf, wenn Wut ausbricht. Dann fordert er die Schlüsselkarte.

Überzeugter Nomade der Lüfte

Das könnte ziemlich belastend sein. Noch dazu für einen, der in Flughafenhotels daheim ist und abends niemanden anrufen muss. Doch Bingham ist ein überzeugter Nomade der Lüfte. Er liebt das wurzellose Leben, hält jede Beziehung für Ballast, die länger dauert als der Smalltalk am Check-In, und hat sämtliche Reisetechniken vom Anzugfalten bis zum Durcheilen der Sicherheitsschleusen perfektioniert. Außerdem hat Bingham durchaus ein Ziel: Er will den Zehn-Millionen-Bonusmeilen-Rekord brechen. Und über andere Lebensträume kann er nur lachen.

Nach der Raucher-Satire "Thank you for smoking" und dem schlagfertigen Teenager-Schwangerschaftsdrama "Juno" gelingt Regisseur Jason Reitman auch mit "Up in the Air" die große Kunst, ätzende Gesellschaftskritik in eine hinreißend leichte Komödie zu verwandeln. Bei ihm stimmt jede Pointe und kommt zur rechten Zeit, nämlich schneller, als der Zuschauer es erwartet.

Dazu hat er mit George Clooney einen Hauptdarsteller gefunden, der aus diesem Bingham keinen gefühllosen Klotz macht, sondern einen durchaus liebenswerten Zyniker, der die rosa Phrasen-Blasen einer scheinbar romantisch gestimmten Welt wunderhübsch zerplatzen lässt. Für seine virtuose Bissigkeit und die galante Art, wie er diesen Spötter verkörpert, ist Clooney jetzt zurecht für einen Oscar nominiert worden.

Ein Geschöpf seiner Zeit

Eigentlich ist Reitmans hyperflexibler Job-Liquidator ja auch nur Geschöpf seiner Zeit. Er arbeitet viel und gern, hinterfragt seine Aufgabe nicht und ist zufrieden, wenn das Extra-Steak abends im Hotel ihm Sonder-Flugmeilen einbringt. Binghams einziger Fehler ist, dass er nicht heuchelt, sondern wortgewandt bekennt, dass ihn die Hochzeit seiner Schwester kaltlässt und die Emotionen derer, die er feuert, auch.

Allerdings hat Bingham seine Rechnung ohne die Frauen gemacht. Erst stellt man ihm ein Elite-Püppchen an die Seite, das seine Rausschmeißertechniken lernen will, um Binghams Arbeit künftig noch effizienter per Videoschaltung zu erledigen. Doch das taffe Girl ist dann gar nicht so abgebrüht wie seine Pläne, und so wird Bingham mit allerhand Romantikanfragen konfrontiert. Gespielt wird die junge Streberin von Anna Kendrick, die schon in den Twilight-Filmen zu sehen war, erst in dieser Komödie aber zeigen kann, wie perfekt sie auf den Klischeeklippen tänzeln kann, ohne ihre Figur zur berechenbaren Karikatur erstarren zu lassen.

Außerdem lernt Bingham eine Vielfliegerin kennen, die so rationalistisch und materialistisch ist wie er. Natürlich kann er da nicht widerstehen. Zumal Vera Farmiga diese geschäftstüchtige Alex wunderbar herb gibt, ohne ihr Sexappeal zu nehmen. Am Ende wird sich diese Frau als der wahre Kerl erweisen. Schöne Pointe. Kitschgefahr gebannt.

Die Moral ist ein wenig naiv

Nur die Moral von der Geschicht, die Reitman seinen Zuschauern in den letzten Szenen serviert, ist dann doch allzu naiv. Das Elite-Mädchen, das sich durch die Rationalisierung der Rationalisierer hervortun wollte, schwört ab und fängt bei einem "anständigen" Unternehmen an. Als sei es nicht tatsächlich heuchlerisch, Rauswerfer moralisch zu verdammen, obwohl sie doch nur verkünden, was im Kapitalismus der Lauf der Dinge ist.

Und dann machen auch noch einige Gefeuerte aus dem Film, die sich als reale Krisenopfer entpuppen, Statements in die Kamera. Da erzählen sie dann, wie wichtig für sie die Familie war, als der Arbeitgeber ihnen seine Liebe entzog. Da wird der Rückzug ins Private gepredigt, wenn es unangenehm wird in der Gesellschaft. Als sei die Familie die einzige Antwort auf alle Fragen, die die Wirtschaftskrise aufgeworfen hat. Und leider meint diese Komödie das dann völlig ernst.

Bewertung: 4 von 5 Sternen

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort