Neues Album "Kiss me Once" Kylie Minogue: der gute Geist im Königreich des Pop

Düsseldorf · "Kiss me Once" heißt das neue Album der 45-Jährigen. Es ist ziemlich banal. Aber das macht nichts.

 "Kiss me Once" heißt das neue Album von Kylie Minogue.

"Kiss me Once" heißt das neue Album von Kylie Minogue.

Foto: ap

Kylie Minogue ist immer dann am besten, wenn sie an der Schnur eines Liedchens geführt durch den Park tanzt. Leider wissen die meisten Produzenten das nicht. Deshalb sind von den elf Liedern des neuen Albums der Australierin neun völliger Unsinn. Aber wegen der anderen zwei lohnt es sich, morgens aufzustehen.

Die 45-Jährige schreibt nie etwas selbst, sie gilt nicht gerade als ehrgeizig oder erfinderisch, was sie wiederum sympathisch macht, weil das als Karriere-Entwurf ein schöner Gegensatz zu den verbissen wirkenden Tanzrobotern Madonna und Beyoncé ist. Kylie Minogue arbeitet eher wie ein Formel-1-Fahrer: Vor jedem Song legt sie einen Boxenstopp ein, lässt sich die Singstimme neu bereifen und frische Klangoutfits anpassen. Für ihr Album "Aphrodite" aus dem Jahr 2010 lieferten 27 Songwriter zu, das ging dann auch ziemlich schief.

Nicht dass es schlimm wäre, dass die Platte nicht als Album funktioniert hat. Das tun Platten von Kylie Minogue nie, man erinnert sich zwei Wochen nach Erscheinen zumeist nicht mal mehr an ihre Titel. Sie sind uneinheitlich, wenig zwingend, haben keinen roten Faden, und überhaupt darf man nicht den Fehler machen, diese Künstlerin als Sängerin misszuverstehen. Sie ist etwas anderes, etwas ebenso Wichtiges: Der gute Geist im Königreich Pop nämlich, und unter ihren Umhang flüchten all jene, die jemanden brauchen, mit dem sie das Scheitern schönreden, Schmerz in Triumph auflösen und die Nacht zum Leuchten bringen können.

"Kiss Me Once" heißt das neue Album von Kylie Minogue also, wieder wurden alle Stücke von unterschiedlichen Produzenten eingerichtet. Mancher geht ambitioniert vor und lässt Kylie Minogue auf zerklüfteten Dubstep-Beats herumspringen, was aber gar nicht zu ihr passt. Die meisten stellen einfach den Song mit Effekten voll und sehen dann zu, wie sich Kylie Minogue durchmogelt. Zum Glück versucht niemand, sie als R'n'B-Queen zu verkleiden, was nahegelegen hätte, den Kylie Minogue lässt sich neuerdings von Roc Nation managen, der Firma, die von Jay Z gegründet wurde und etwa Rihanna unter Vertrag genommen hat.

Aber es gibt wieder die Ausnahmen, exakt zwei Hits, was nicht der beste Schnitt für ein Kylie-Minogue-Album ist, aber in Ordnung geht, wenn man bedenkt, dass das bereits ihre zwölfte Platte ist. "I Was Gonna Cancel" ist das beste Stück, und geschrieben hat es Pharrell Williams, den man ruhig König Midas nennen darf, weil alles zu Gold wird, was er berührt. Der Song klingt ein bisschen wie "Get Lucky", er hat auch dieselbe Wirkung. Sowas hört man, während man geliebte Menschen mit Zuckerwatte füttert. Das zweite tolle Stück ist "Sexy Love", da singt Kylie Minogue die Zeile "You look so sexy in my bed", und das ist genau das, warum man sie so mag: Weil sie einem das Blaue vom Himmel verspricht und man nicht merkt, dass alles gar nicht echt ist. Ihre besten Songs handeln davon, dass sie jemanden nicht mehr aus dem Kopf bekommt oder davon, dass sich etwas dreht. Alles ist Zitat und Oberfläche, alles glänzt, es ist banal, schön bunt und unwahr.

Es gibt keine Wolken in dieser Welt. Und wenn doch, dann sitzt Andy Warhol darauf und formt das Victory-Zeichen.

(hols)
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