"The Captive" Eltern-Drama mit Ryan Reynolds

Thriller über die Entführung dreier Kinder: "The Captive" erscheint als DVD.

Brad Pitt und Angelina Jolie: Stars und ihre Partner
138 Bilder

Promis und ihre Partner

138 Bilder

Es gibt gute Gründe, sich über Helikopter-Eltern lustig zu machen. Aber es fällt auch schwer, sie nicht zu verstehen: Die Nachrichten von entführten, missbrauchten, ermordeten Kindern bestimmen unser Bild der Welt draußen vor den Toren unserer Familienburg entscheidend mit. Da mag die Kriminalstatistik belegen, das Kinderleben sei noch genauso sicher wie in den vorigen paar Generationen, sogar sicherer, mögen Experten mahnen, nicht die Verbrechen, sondern die Medienberichte über sie seien mehr geworden. Eltern fragen sich: "Und was, wenn doch etwas passieren sollte?"

Der kanadische Filmemacher Atom Egoyan geht in seinem Krimi "The Captive", der nun auf DVD vorliegt, zum zweiten Mal in Folge der Frage nach, was passiert, wenn doch etwas passiert ist. In "The Devil's Knot" hat er einen konkreten Fall nachgezeichnet, den Mord an drei kleinen Kindern in der US-Provinz und die folgende schlampige Polizeiermittlung nebst skandalösem Gerichtsverfahren: Es ging nur darum, möglichst schnell Schuldige zu finden.

In "The Captive" arbeitet Egoyan keinen konkreten Einzelfall auf, er mischt Elemente jener Kidnappingfälle, die kollektive Fantasien und individuelle Alpträume besonders in Bewegung setzen: Entführungen, bei denen die jungen Opfer von den Tätern jahrelang in eigens gebauten Wohnverliesen gefangen gehalten werden.

Egoyans Täter geht noch ein wenig perverser vor. Er überwacht sogar noch die Mutter (Mireille Enos) der Entführten mit versteckten Kameras, weidet sich an ihrem Schmerz und macht diese Livebilder vom anderen Leben auch der entführten Tochter zugänglich. Das ist ein wenig überrissen, zitiert aber die frühen, postmodernen Filme von Atom Egoyan. In denen hat er sich mit dem Einfluss der Abbildungsapparaturen auf unser Leben beschäftigt, mit der Veränderung von Denken, Fühlen, Ritualen durch die ständige Verfügbarkeit von Kameras und Filmbildern.

"The Captive" ist in Cannes ausgebuht, in den USA verständnislos verrissen worden. Weder dieser Film noch "Devil's Knot" kamen ins deutsche Kino. Dabei zeichnen Egoyan und seine Darsteller, darunter Ryan Reynolds als Vater, im vermeintlichen Krimirahmen sehr genau Schmerz und Apathie, zerfressende Wut, Selbstvorwürfe und glimmende Hoffnungen nach. Sehr deutlich wird uns das Problem, wie sich die Polizei gegenüber Eltern verhalten soll, die Gepeinigte, aber auch Tatverdächtige sind. Egoyan dreht eben keine Formelkrimis, sondern sensible Filme mit mehr Fragen als Antworten. Dass "The Captive" am Ende ein wenig ins Symbolische und Theatralische driftet, ist kein Makel.

Wenn Egoyan nüchtern durcherzählen würde, ginge er ja mit der falschen Beruhigung hausieren, das alles ließe sich prima verstehen und erklären.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort