Mainz Unvergessen: Ernst Stankovski

Mainz · Ein Plädoyer für die TV-Rückkehr von "Erkennen Sie die Melodie?"

Das Fernsehen ist seit geraumer Zeit damit beschäftigt, unsere TV-Vergangenheit wie nostalgische Teppiche in den Hobbykellern seines Programms auszurollen. Diese Kanäle heißen "Neo", "Festival", "Plus", "Kultur", "Gold" und so ähnlich, und man wird dort einiger wunderbarer Serien ansichtig, mit denen man als Kind aufwuchs. In meinem Fall war das vor allem "Mit Schirm, Charme und Melone" und "Raumschiff Enterprise", große Momente einer persönlichen Sozialisation im Spannungsfeld von Lotus-Eleganz, weiblicher Kampferotik und interstellarer Scharmützel.

Unvergessen blieb eine Sendung, die etwas Bildungsbürgerlich-Zahmes hatte: "Erkennen Sie die Melodie?" Viele behielten diese Serie in Erinnerung, weil sie in der langweiligsten aller Kulissen einen der witzigsten Moderatoren präsentierte, den das Fernsehen je erlebt hat: Ernst Stankovski. Seine Kunst lag darin, dass er seine Umgebung stets im Unklaren darüber ließ, ob er die Dinge ernstnahm, die vor der Kamera passierten. Stankovski war ein ironischer Geist, und sein Wiener Schmäh war der Sauerrahm auf einem Strudel voller Tiefsinn.

Zugleich war er ein Traditionalist, und für diese Sendung war das der Idealfall. Wir haben damals Anneliese Rothenberger und Hermann Prey und Rudolf Schock und wie sie alle hießen in allen möglichen und unmöglichen Situationen des Musiktheaters erlebt, und noch heute erinnert man sich, dass die unvergessene Monika Strauch die bezaubernde Assistentin war - und TV-Notar vom Dienst war natürlich der ebenso unvergessene Dr. Heindl.

Das Format hatte eine dermaßen betörende Gemächlichkeit, dass man sich in die Sendung hineinsetzte wie in eine Badewanne. Später wurde die Sendung von Johanna von Koczian und Günther Schramm moderiert, doch sie erreichten nie Stankovskis hintersinnige Delikatesse.

Wollte das ZDF also etwas Gutes tun, hier hätte es ein schönes Exempel, wie gute Fernsehunterhaltung von damals im Jahr 2014 funktionieren könnte: als Entdeckung der Langsamkeit.

(RP)
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