Ist billig wirklich besser? Tchibo-Zahnersatz: Das müssen Sie wissen

Düsseldorf · Tchibo bietet jetzt eine Rabattkarte für Zahnersatz an. Das weckt bei vielen Vorfreude auf billige Beißer, zugleich aber auch Misstrauen bei Ärzten und Dentallabors. In Krefeld kam es sogar zu Demonstrationen. Wir klären, ob der Zahnersatz wirklich billiger und besser ist.

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Foto: proDente

Beim Sprechen, beim Essen und nicht zu vergessen beim Lachen - die Zähne sind ständig im Einsatz und zu sehen. Doch genauso empfindlich sind sie auch. Wer ungeschickt hinfällt, einmal falsch zubeißt oder einfach in ein gewisses Alter kommt, muss schnell mal einen echten Zahn durch ein Kunstprodukt ersetzen. Doch neue Kauleisten sind teuer. Tchibo hat sich deshalb etwas einfallen lassen. Für 24 Euro können Zahngeplagte jetzt online eine Rabattkarte erwerben. Die ist 24 Monate gültig, enthält eine Garantie und wird in Zahnlabors der Firma Novodent bearbeitet. Das kostengünstige Zahnmaterial kommt von den Philippinen. Ab 23. Juli soll es das Produkt auch in Läden zu kaufen geben.

Wie sehen Verbraucherschützer den neuen Rabatt?

Regina Behrendt, zuständig für den Gesundheitsbereich der Verbraucherzentrale NRW sieht die Rabattkarte kritisch: "Das Problem ist, dass der Verbraucher nicht erkennen kann, ob die Rabatte wirklich günstiger sind oder nicht, denn die Preise von Dentallabors lassen sich nur schwer vergleichen." Preislisten sind im Internet bis jetzt noch schwer zu finden, und zudem nicht besonders detailliert. "Der Patient kann also nicht einschätzen, wie hoch die Kosten für seinen individuellen Fall sein werden. Musterbeispiele sind da nicht immer zutreffend, weil die Kostenzusammensetzung nicht immer gleich ist", sagt Behrendt. Die Zahnarztkosten etwa sind nicht mit aufgeführt und müssten noch zusätzlich geklärt werden.

Ist der Kauf der Rabattkarte zu empfehlen?

"Es ist nicht empfehlenswert jetzt los zu gehen und die Rabattkarte einfach zu kaufen", sagt Behrendt. Besser sei es, vor dem Kauf mit dem eigenen Zahnarzt zu sprechen, und zu fragen, ob er sich auf das Konzept einlässt. "Dann sollte man sich auf jeden Fall einen Kostenvoranschlag für den bevorstehenden Eingriff geben lassen. Das ist wie beim Handwerker, da vergleicht man ja auch zunächst verschiedene Angbote, bevor man eine größere Renovierung vornimmt." Sinnvoll ist es, deshalb Kostenvoranschläge von bis zu drei Ärzten einzuholen - aber auch mühsam. "Am besten sollten Verbraucher dann den Kostenvoranschlag des günstigsten Arztes bei Novadent einreichen - und zwar noch vor dem Kauf der Karte - und abwarten, welches Preisangebot dann wirklich von der Firma kommt." Ist der im Vergleich zum üblichen Zahnlabor des Zahnarztes tatsächlich günstiger, lohnt sich auch der Kauf der Karte.

Ist das Material schlechter, weil es aus den Philippinen kommt?

"Dass die Qualität des Zahnersatzes schlechter sein muss, würde ich nicht sagen", so Behrendt. "Auch auf die Produkte aus den Philippinen gibt es ja eine Garantie und ein Qualitätsversprechen. Außerdem gibt es auch andere Waren, die in Deutschland aus dem Ausland verkauft werden." Im Umkehrschluss seien auch nicht alle Produkte aus Deutschland absolut fehlerfrei. Probleme sieht die Verbraucherschützerin eher an einem anderen Punkt, "Wenn dann tatsächlich etwas nicht mit dem Material stimmt, und es zurück gesendet werden muss, könnte es sein, dass die Wartezeiten besonders lang sind." Das Produkt muss vom Zahnarzt zum Novadent-Labor, und dann eventuell neu aus Manila bezogen werden. "Es hat sich bisher ja noch nicht zeigen können, wie gut die Kommunikation an den Schnittstellen funktioniert."

Wer haftet bei Problemen?

"Grundsätzlich muss der Zahnarzt gewährleisten, dass alles funktioniert", erklärt die Verbraucherschützerin. Ist dem nicht so, kann er neues Material bestellen und nachbessern. "Dann stellt sich nur wieder die Frage nach den Wartezeiten."

Welche Zahnärzte akzeptieren die "Tchibo-Karte"?

Das Angebot von Tchibo ist sehr spezifisch. Die Rabattkarte bezieht sich ausschließlich auf Leistungen von Dentallabors der Firma Novodent. Bisher arbeiten in Deutschland rund 1000 Zahnärzte mit diesen Labors zusammen. Insgesamt gibt es in ganz Deutschland jedoch über 50.000 niedergelassene Zahnärzte. "Das kann für den Verbraucher zu erheblichen Problemen führen. Zum einen muss sich jeder genau überlegen, ob er den Zahnarzt überhaupt wechseln will. Zum anderen könnte es sein, dass es in der näheren Umgebung keinen entsprechenden Zahnarzt gibt", erklärt Behrendt. Die Folge sind lange Fahrtzeiten, die vor allem für ältere Menschen oft nicht so leicht zu bewältigen sind.

(ham)
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