AOK-Krankenhausstudie 19.000 Todesfälle aufgrund von Behandlungsfehlern

Berlin · Die AOK schlägt Alarm. Mehr Menschen sterben nach ihren Angaben durch Fehler im Krankenhaus als im Straßenverkehr. Nun will sie genauere Daten vorlegen. Die Kliniken betonen: Ihre Standards seien hoch.

Diese Kliniken sind vor der Insolvenz
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Foto: dpa, Arno Burgi

Zehntausende Patienten beschweren sich jedes Jahr wegen Verdachts auf Ärzte- oder andere Behandlungsfehlern. Die meisten Versicherten fühlen sich dabei in der Klinik falsch behandelt. An diesem Dienstag wurden nun die Risiken für Deutschlands Klinikpatienten bei der Vorstellung einer neuen Studie in Berlin beleuchtet.

Der AOK-Krankenhausreport analysiert, welchen gesundheitlichen Gefahren Patienten ausgesetzt sind. In rund 190.000 Fällen jährlich verursachen Behandlungsfehler in Deutschlands Krankenhäusern nach Schätzungen gesundheitliche Schäden bei Patienten. Geschätzt rund 19.000 Todesfälle gingen auf solche Fehler zurück. Das geht aus dem am Dienstag veröffentlichten AOK-Report hervor.

Die Zahl der unerwünschten, vermeidbaren Zwischenfälle liege sogar noch höher: Zwischen 360.000 und 720.000 Mal passierten in den Kliniken pro Jahr Dinge, die eigentlich nicht passieren sollten.

Experten raten zu Spezialisierungen

Zu den Problemen zählen laut der Studie Fehler bei der Medikamentengabe oder mangelnde Hygiene. Auch im Operationssaal könnten Patienten demnach nicht immer auf einen optimalen Ablauf vertrauen. Oft böten Krankenhäuser Operationen an, obwohl sie vergleichsweise wenig Erfahrung in den jeweiligen Bereichen hätten.

Die Experten riefen zu mehr Spezialisierung auf: Wenn eine Klinik einen Eingriff besonders häufig durchführe, seien die Ergebnisse auch besser. Mit der Routine wachse der Behandlungserfolg.

Allein der Medizinische Dienst der Krankenkassen kümmerte sich nach den jüngsten Zahlen 2012 um rund 8600 Vorwürfe von Patienten gegen Kliniken - und bestätigte fast jeden dritten Verdacht. Insgesamt beanstanden nach Schätzungen rund 40 000 Versicherte pro Jahr ihre Behandlung bei Ärztestellen, Kassen oder direkt vor Gerichten. Die Dunkelziffer gilt bei den Problemen im Klinikablauf als hoch.

Die Bandbreite reicht von Infektionen, die sich Kranke zusätzlich im Krankenhaus holen, über verkehrte Medikamente bis hin zu Einzelfällen von vergessenem OP-Material im Inneren des Patienten.

Ärztevertreter weisen immer wieder darauf hin, dass in der Regel nicht einfach Pfusch eines Arztes dahintersteckt. Organisationsmängel, mehr komplizierte Eingriffe und auch der Mut vieler Operateure zum Risiko zählen zu den Ursachen.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft unterstrich, die Sicherheitsstandards seien so hoch wie nie. "Sie können sich im internationalen Vergleich sehen lassen", sagte Hauptgeschäftsführer Georg Baum. "Nie war die Bereitschaft der Krankenhäuser größer, Qualität und Sicherheit weiterzuentwickeln." Allerdings dürften die Kliniken bei der Finanzierung des Mehraufwands nicht alleingelassen werden.

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hatte angekündigt, den Behandlungserfolg stärker zum Maßstab für die Patienten in Deutschland machen zu wollen. Gröhe bezog sich damit auf den Koalitionsvertrag von Union und SPD. Ein neues Institut soll demnach sämtliche routinemäßig anfallende Daten der Patienten zum jeweiligen Erfolg oder zu Problemen bei den einzelnen Behandlungen auswerten.

Ziel ist unter anderem eine online einsehbare Vergleichsliste zu Behandlungserfolgen der Krankenhäuser. Schlechte Qualität soll durch Abschläge bei der Finanzierung bestraft werden.

(dpa)
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